: UniMut: „Tut, tut, tut“
(Sonntag abend, 21 Uhr, SFB-Nachrichten) Mal hören, was die über den heute zu Ende gegangenen UniMut-Kongreß berichten, denke ich. Ich warte vergebens. Wichtige nationale und internationale Ereignisse verdrängen den studentischen Protest aus den Nachrichten. „In einer Fabrik in Turin sind 200 Luxus-Autos verbrannt“ und „Willy Millowitsch wird heute 80“.
Ich beschließe, mir für 23 Pfennige einen Einblick in die sonntägliche Arbeit eines SFB-Nachrichtenredakteurs zu verschaffen. Redakteur Eberhard Kramer gewährt ihn: „Ich hätte gerne eine Meldung zum Studentenkongreß gebracht, aber von den Agenturen ist den ganzen Tag nichts gekommen.“ Lieber Herr Kramer, ich habe Ihnen geglaubt. Aber wenn das stimmen würde, was Sie mir sagten, gab's nur eines: bei den Agenturen tickt's wohl nicht richtig! Keine Meldung über einen internationalen Studentenkongreß, über den um 20 Uhr in der Tagesschau sogar ein 90-Sekunden-Beitrag von Robin Lautenbach lief? Mal hören, was der Kollege von 'dpa‘ ('Deutsche Presseagentur‘) dazu sagt. „Guten Abend. Sagen Sie, haben Sie heute eine Meldung über den StudentInnenkongreß 'rausgegeben?“ „Nein.“ „Und warum nicht?“ „Wir haben von denen nichts mitgeteilt bekommen.“ Wenn es noch eines Beweises für den hierzulande gepflegten Verlautbarungsjournalismus bedurfte: da isser.
Aber haben auch die anderen Agenturen nichts...? Nächster Anruf bei 'ap‘, Zweigstelle der größten US -Nachrichtenagentur. Eine Stimme vom Band verlautbart wahrhaft sybillinische Worte: „Unser Büro ist zur Zeit nicht besetzt.“ Nächster Versuch, 'ddp‘. Die kleine deutsche Agentur orientiert sich am amerikanischen „Band-Leader“: „Zur Zeit nicht besetzt.“ Letzter Versuch, 'Reuter‘. Das hat im Nachrichtengeschäft einen guten Klang. Kann aber nicht an der Stimme der MitarbeiterInnen liegen: hier „tut... tut... tut“ sich überhaupt nichts; die Agentur kann sich offensichtlich noch nicht mal einen Anrufbeantworter leisten. Fazit: armer Nachrichtenjournalismus! Und: ein Hoch auf ARD-Robin, den Rächer der Studierten!
Thomas Blees
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