Uni-Klinikum: Mieter im eigenen Haus
Das Land Schleswig-Holstein behält die Trägerschaft, nur die Gebäude sollen privatisiert werden. Das Kabinett beschließt ein Markterkundungsverfahren.
"Meine Unterschrift gilt - das ist doch mal eine Nachricht", verkündete Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU) gestern jovial. Stimmt: Denn gemeint ist die Unterschrift, die de Jager, noch als Staatssekretär, im April 2008 unter einen Vertrag mit der Gewerkschaft Ver.di gesetzt hatte und damit den rund 10.000 Beschäftigten des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) versprach, dass ihr Haus bis 2015 nicht privatisiert wird. Doch der Verkauf des sanierungsbedürftigen Krankenhauses hätte gut in die Sparpläne der schwarz-gelben Landesregierung gepasst und war seit dem Frühjahr diskutiert worden. Gestern sagte de Jager, das Land stehe zum Vertrag: "Die Möglichkeit, vor 2015 zu privatisieren, besteht nicht." Damit bleibt das Klinikum zunächst in der Hand des Landes. Allerdings sollen die Gebäude des UKSH in Kiel und Lübeck an einen privaten Träger ausgelagert werden. Dafür findet ein "Markterkundungsverfahren" statt.
Mehrere Modelle würden auf ihre "Marktgängigkeit" geprüft, so de Jager. Details würden sich erst aus dem Verfahren ergeben, etwa, ob Kiel und Lübeck getrennt oder als ein Komplex behandelt werden. Bereits vor Beginn des Verfahrens "gibt es ein Interesse ausgewählter Marktteilnehmer", allerdings seien "nur wenige Konsortien in der Lage, so ein Volumen zu stemmen". In Berichten und Parlamentsdebatten wurden Interessenten genannt, etwa die Konzerne Rhön, Asklepios, Sana und Helios.
Auf den möglichen Käufer kommt Arbeit zu, denn das UKSH ist ein Sanierungsfall: Von einem Investitionsbedarf in Höhe von 700 Millionen Euro sprach de Jager gestern, zuvor hatte das Finanzministerium die Kosten für Renovierung, Aus- und Umbauten auf eine Milliarde beziffert. Das Klinikum muss die ausgelagerten Gebäude zurückmieten, laut de Jager für rund 35 Millionen Euro im Jahr. Die Haftung bleibe beim Land: "Aber ich will, dass schnell die Bagger rollen." Ab Ostern kommenden Jahres sollen die Ergebnisse des Erkundungsverfahrens beraten werden.
Die Opposition blieb skeptisch: "Das UKSH hat bereits ein Modell vorgelegt, wie der Investitionsstau durch eine Kooperation mit Privatinvestoren ohne materielle Privatisierung behoben werden könnte", sagte Flemming Meyer (SSW). Angesichts der Markterkundung hörte er "die Nachtigallen lautstark trampeln". Jürgen Weber (SPD) wiederholte die grundsätzliche Kritik seiner Partei an der Privatisierung der einzigen Krankenhäuser im Land mit Maximalversorgung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!