■ Kommentar: Ungeliebter Schönbohm
Rund 16.800 Schutzpolizisten gibt es in Berlin. Sie arbeiten nach dem 1974 eingeführten Schichtsystem, das nicht nur von den Bündnisgrünen seit Jahren wegen seiner Kostenträchtigkeit kritisiert wird. Auch der Landesrechnungshof, dem man nun wahrlich nicht unterstellen kann, aus ideologischen Prinzipien zu handeln, hatte die Unsinnigkeit jenes Arbeitszeitmodells vor drei Jahren aufs Korn genommen; während den Grünen sogar vorgeworfen wurde, statt mit Steinen die Polizei nun mit der Stoppuhr kaputtmachen zu wollen. In der Sache hat sich seitdem nichts getan – nur der Spardruck ist größer geworden. So, als könnten Reformen an der Polizei vorüberziehen, halten die Gewerkschaften an den Privilegien fest. Dafür wurden in der Vergangenheit geradezu absurde Begründungen geliefert: Das 12-Stunden-Schicht-System entspreche dem „biologischen Rhythmus“ des Menschen.
Der vielgescholtene Amtsvorgänger Schönbohms hatte einst einen 8-Stunden-Modellversuch angeregt, nachdem die Oppositionsparteien eine Änderung gefordert hatten. Kaum in Angriff genommen, versandete der Versuch allerdings schnell und wurde vor der Einigungsstelle per Richterspruch ins Grab befördert. Schon damals wurde der Verdacht laut, Heckelmann habe ohnehin das Modell so zugeschnitten, daß es letzlich scheitern mußte. Und Innensenator Schönbohm? Der hatte wiederholt die Reform des Verwaltungsapparates zu seiner Herzensangelegenheit erklärt. Nur wird seine Liebe von seinen Untergebenen noch immer nicht erwidert. Severin Weiland
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