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Ungarns RechtsextremeGegen "Weltjudentum" und "EU.S.S.R"

Die fremdenfeindliche Jobbik hat bei dem Wahlen in Ungarn knapp 17 Prozent errungen. Sie hetzt gegen Roma, gegen Juden, die EU – und kämpft für ein Großungarn.

Will den "radikalen Wandel": Jobbik-Parteichef Gabor Vona und seine rechtsextreme Truppe. Bild: dpa

WIEN taz | Der Name ist Programm: Jobbik, die Kurzform für "Jobbik Magyarországért Mozgalom" (Bewegung für ein besseres Ungarn), kann, je nach Bedarf, mit "die Besseren" oder "die Rechteren" übersetzt werden, im Zweifel geht beides. Denn die Jobbik-Aktivisten verstehen sich als die Verteidiger des wahren Ungarntums, die das Land gegen die Angriffe des "Weltjudentums" und die "Zigeunerkriminalität" schützen müssen.

Dass die 2004 gegründete Jobbik mit der "Ungarischen Garde" über einen offen faschistischen und paramilitärischen Arm verfügt, der diese Blut-und-Boden-Ideologie auch durchzusetzen bereit ist, hat offenbar fast ein Fünftel der ungarischen Wählerinnen und Wähler nicht abgeschreckt. Die Garde tritt in schwarzen Uniformen auf, die an die der "Pfeilkreuzler" des Horthy-Regimes in den 1940er-Jahren erinnern.

Die ungarischen Faschisten lieferten damals Juden an die Nazis aus oder brachten sie gleich selber um. 2009 wurde die Ungarische Garde vom ungarischen Verfassungsgerichtshof verboten, weshalb sie jetzt als Neue Ungarische Garde weitermacht und bei Parteiveranstaltungen Saalschutz gibt.

Jobbik benutzt offen antisemitisches Vokabular. Auch wenn man "den Handlangern des Judentums" derzeit nicht die physische Vernichtung androht, so will man sie zumindest finanziell bluten lassen. Ausländische Investoren sollen via "Strafsteuern" das ungarische Sozialsystem schultern.

Der Austritt aus der "EU.S.S.R", wie Jobbik die Europäische Union nennt und in deren Parlament es seit letztem Jahr mit drei Abgeordneten vertreten ist, steht ebenso im Parteiprogramm wie die Revision des Trianon-Vertrages. Durch ihn verlor Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg zwei Drittel seines Territoriums. Die Beziehungen zu den Nachbarländern Rumänien und Slowakei, in denen heute noch große ungarische Minderheiten leben, sind darum konfliktreich.

Jobbik spielt erfolgreich mit der Idee des Großungarntums und schürt gleichzeitig den Sozialneid. Die Roma, mit rund 10 Prozent Bevölkerungsanteil Ungarns größte Minderheit, seien nicht nur arbeitsscheu und kriminell, so tönt es in allen Wahlkampfreden, sie setzten auch massenweise Kinder in die Welt, um das Sozialsystem auszubeuten. In bedrohlichen Auftritten marschierte die Ungarische Garde durch Dörfer mit hohem Romaanteil. Eine rechtsextreme Bande, der mindestens sechs Morde an Roma zur Last gelegt werden, gehört zum Sympathisantenkreis von Jobbik.

Der Hungarofaschismus richtet sich gegen alles, was "unungarisch" ist. Dazu zählen neben Roma und Juden auch Kommunisten, Ausländer und Schwule. Jobbik-Sprecher András Kiraly, der auf einer Gay Parade in Kanada mit Transvestiten posierte, verschwand schnell in der Versenkung, als die kompromittierenden Fotos in den sozialen Netzwerken auftauchten.

Was über Jobbik in die ungarischen Medien gelangt, unterliegt strenger Kontrolle. Wer ein Interview mit einem der Parteichefs führen will, muss erst einen fünfseitigen Fragebogen ausfüllen, der eher ein Gesinnungstest ist und unverblümt die Höhe der Spende abfragt, die man der Partei zukommen lassen wolle. Die Fragen müssen vorher mitgeteilt werden. Manche Jobbik-Führer sollen auch schon eine Kaution von 1.000 Pfund Sterling verlangt haben, die einbehalten wird, wenn der Bericht zu frech ausfällt.

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17 Kommentare

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  • R
    Robert

    ich bin mal durch Zufall auf diesen Artikel gestoßen und was ich lesen musste schockierte mich zutiefst.

    Jetzt einmal völlig unabhängig davon ob man ein Befürworter oder Gegner der Jobbik ist (welcher Meinung der zuständige Redakteur ist muss man hier wohl nicht weiter diskutieren...) ist dieser "Bericht" voll mit unglaublichen Falschaussagen, welche ich hier einfach berichtigen MUSS.

    Erstens: 10% Roma-Anteil in Ungarn ?!?!? Nach dem Motto "knapp daneben ist auch vorbei".....nein es sind 2%.

    Zweitens: Haben die Pfeilkreuzler nichts mit dem "horthy-Regime" zu tun. Horthy hatte die Pfeilkreuzler sogar verboten,erst Hitler brachte diese 1944 gewaltsam an die Macht, indem er Horthys Sohn entführte (Horthy war ihm ein Dorn im Auge, da dieser zB verboten hatte das Juden aus Ungarn in die Vernichtungslager transportiert wurden...).Ich frage mich ernsthaft : Wie kann man derartigen Müll verfassen und auch noch veröffentlichen?? Informationen die man in 2 Minuten auf Wikipedia nachgelesen hat.......

    Desweiteren finde ich übertrifft der Bericht in Sachen Polemik doch weit die Grenzen, wie gesagt:man muss kein Freund der Jobbik sein, aber einen neuen Holocaust andeuten finde ich doch arg lächerlich.....

    Wie ich sehe haben doch schon vor mir einige diese Fehlinformationen bemerkt, ich hoffe doch das sich der betreffende Redakteur hier äußern würde......

  • G
    Gabor

    Das Problem des extremistischen Denkens ist sicherlich nicht zu unterschätzen - so auch das Ergebniss der Jobbik nicht. Das sowas aber in Staaten, die mit wirtschaftlich gebeutelten Staaten vorkommt is keine Seltenheit. Siehe 20er-30er Jahre, Deutschland.

     

    Aber daraus, dass ca. 855.000 Ungarn (ca. 8,5% der Gesamtbevölkerung) für eine rechtsradikal-populististische Partei gestimmt hatten, bedeutet bitte schön noch lange nicht, dass Ungarn jetzt plötzlich "Naziland" geworden wäre. Man sollte auch beachten, dass dieses Ergebniss meist dort zustande gekommen ist, wo die Arbeitlosigkeitsrate seit gut 20 Jahren nicht unter die 50%-Marke (!) sinkt, wo die Lebensverhältnisse katastrofal, die Aussichten mehr als düster sind und die Kriminalität (vor allem die Klein-Diebstähle der Romas) ein alltäglichen Problem darstellen. Packen wir noch ein Stückenchen Weltwirtschaftskrise drauf und schon ist es verständlicher, warum in diesen Gegenden viele Härte, Konzekvenz und Ordnung herbeisehnen - auch wenn dies von Neofaschisten versprochen wird.

     

    Übrigens: die Holocaust-Deportationen begannen nicht unter den Terror-Regime von Szálasi's Pfeilkreuzlern, sondern noch als Döme Sztójay Ministerpräsident und Horthy Reichsführer war.

  • C
    claudia

    @Ernst gemeint:

    >>Und was soll man machen, wenn die Eltern einfach immer mehr Kinder nachproduzieren?>vermutlich drogenabhängig,

  • C
    claudia

    Eigentlich langweilt es ja, das alte Rezept der Ausbeuter:

    Immer wenn zu viele Menschen merken, daß der Kaputalismus ihnen nicht guttut, wird die Ablenkwaffe aufgefahren. Irgendwer muß schuld sein: Die Hartzer, die Roma, das Weltjudentum und Osama bin Laden, die Linken und der Teufel.

     

    In Glaspalästen, gepanzerten Limousinen und hinter hohen Hecken der Villen sitzen diejenigen, die den ganzen Flachsinn finanzieren und beten:

    "O heiliger Florian

    verschon mein Haus, zünd andre an"

  • MK
    Michael Kohlhaas

    ganz einfach: raus aus der eu - und zwar für immer!!!

  • L
    Lars

    Bei einem Abschnitt musste ich unfreiwillig an Thilo Sarrazin denken

  • MS
    M.Buikis, SED-Opfer

    Es ist unglaublich nach der Wahl in Ungarn, wie wir lesen konnten sind ungarische Rechtsextreme mit ihrer Hetze und Propaganda in eine faschistische Weltanschauung getreten und betreiben eine Hetze gegen Minderheiten in Ungarn, es ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und der Regierung sollte mitgeteilt werden, das ein Faschichtes Ungarn nicht in die EU gehört, wenn die demokratische Mehrheit verloren geht muß das Land abwägen auf Grund dieser Tatsachen vorzubeugen damit die EU keinen Schaden nimmt bleibt die Empfehlung, den Austritt aus der EU!

  • J
    Jürgen

    Volksverdummung funktioniert also immer noch (auf der ganzen Welt). Gute Nacht in Dunkelungarn. Hoffentlich tretet ihr bald aus der EU aus!

  • W
    Wolfgang

    Zitat Wikipedia: "Ungarn wollte den Euro 2010 ebenfalls als Währung einführen. Wegen des kontinuierlich hohen Staatsdefizits erwies sich dieses Ziel als unerreichbar. Derzeit hat Ungarn mit einer Neuverschuldung von zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts die höchste Neuverschuldung aller EU-Staaten. Inzwischen wird mit einem Beitritt Ungarns zur Euro-Zone im Jahr 2013 bis 2016 gerechnet."

     

    Mit "Strafsteuern für ausländische Investoren" [oben] kann man das wohl vergessen. Was aber nicht ausschließt, daß man eventuell trotzdem helfen muß, wenn es da brenzlig wird. Pikante Situation.

  • EG
    Ernst gemeint

    Mal eine Frage: Wie kann man verhindern, dass Sinti und Roma ihre Kinder zum Betteln und Stehlen in die Innenstädte schicken - so wie das wohl in fast allen etwas größeren Innenstädten Deutschlands der Fall ist?

    Erst heute Morgen traf ich wieder zwei Mädchen aus dieser Volksgruppe, die beide noch keine zehn Jahre alt waren, beim Betteln.

     

     

     

    Was wäre ein Verbesserungsvorschlang aus linker Sicht?

    Ich vermute mal, daß die Linke schwer gegen härtere Strafen sind.. (bringen auch aus meiner Sicht nichts und kosten nur).

     

    Soll man die Kinder den Eltern wegnehmen, um sie in Heimen zu besseren Menschen erziehen? Und was soll man machen, wenn die Eltern einfach immer mehr Kinder nachproduzieren? Denn gegen eine Sterilisation sind die Linken bestimmt auch..

     

     

    Was soll man machen, wenn die Eltern ihren Jahrhunderte alten Lebenswandel gar nicht ändern wollen?

     

     

    Die meisten Mütter aus dieser Ethnie die ich so sehe, sind ganz offensichtlich nicht gesund (vermutlich drogenabhängig, evlt. auch inzestgeschädigt - was ja bei diesen Populationen tatsächlich ein großes Problem ist). Dürfen diese Probleme angesprochen werden? Oder fallen diese Probleme alle weg, sobald sich die Linken durchgesetzt haben und "der neue Mensch" geschaffen wurde?

  • W
    Wolfgar

    Hoffentlich bekommen wir auch bald mal so eine Partei.

    Es ist unerträglich das die linke Meinungsdiktatur immer alleine rumposaunt was man denken darf, zumindest aber sagen darf.

  • G
    gozi

    Vielen Dank, endlich mal die Wahrheit in der deutschen Presse

  • M
    Martin

    "gegen alles, was "unungarisch" ist"

     

    doppelte verneinung, muß es nicht korrekt "garisch" heißen ;-)

  • BV
    Brian von Nazareth

    Wozu in die Ferne schweifen?

    Genau die gleiche Agitation kann man doch an Hasserseiten wie PI-News sehen, es ist immer das gleiche Muster: EU-Feindlichkeit (und der Rechtsspezial-Ausdruck ("EUSSR"), Leugnung der Klimaveränderung - und ANALog dazu "Verschwörung des Weltmuseltums" (Vgl. http://tinyurl.com/yduv96t ).

     

    Viele unter Euch Pseudo-Intellektuellen von der taz glauben ja, dass niemand auf so platten Dünnpfiff hereinfallen könne - aber wartet nur mal die nächsten Wahlen hier und da ab, da werdet Ihr staunen. In Ungarn hat man diese üble Entwicklung auch über Jahre hinweg ignoriert bzw. Orban selbst hat sie indirekt gefördert und meint, er kann diese Bande kontrollieren. Das haben vor ihm aber auch schon in den 30er Jahren über die NSDAP geglaubt ...

  • B
    Bart

    Haben die in Ungarn keine eigene Ideen? Sieht alle nach einer Ideenraubkopie aus den 40er aus ;)

     

    Fehlt noch der Oberlippenbart des Parteivorsitzenden...

     

    Ne mal im Ernst. Mir macht die Entwicklung dort sorgen. Die EU sollte schnell klar machen, dass Aggressoren inmitten Europas kein Pardon erleben werden.

  • I
    Inti

    Nur mal zur Info: die "Pfeilkreuzler" waren die ungarische Nationalsozialistische Partei unter Ferenc Szálasi; das Regime Horthy war zwar autoritär und semi-faschistisch, aber es war keine nationalsozialistische Diktatur und hat auch nicht den ungarischen Holocaust durchgeführt, der erst 1944 unter eben jenen Pfeilkreuzlern stattgefunden hat. Geschichte 4-

  • F
    fritz

    ganz genau genommen waren die Pfeilkreuzler der paramilitärische Arm der ungarischen Faschisten, der Reichsverweser Admiral Horthy aber das Staatsoberhaupt einer konservativen Regierung. Erst 1944 wurden sie auf deutschen Druck hin in die Regierung Ungarns aufgenommen. Daher ist es nicht hundertprozentig korrekt sie als Teil des Horthy-Regims zu bezeichnen.