Unfalltod oder Mord?

■ Ein Stasi-Offizier verstarb in Portugal. Er sollte im „La Belle“-Prozeß aussagen.

Berlin (taz) – Der Tod eines Zeugen bringt die Justizbehörden bei der Aufklärung des Bombenanschlages auf die Berliner Diskothek „La Belle“ im April 1986 in gehörige Schwierigkeiten. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, wurde erst jetzt bekannt, daß der frühere Stasi-Offizier Rainer Wiegand im Juni bei einem Verkehrsunfall in Portugal ums Leben kam. Wiegand hatte dem BND wichtige Hinweise auf die Attentäter geliefert. Die Berliner Justiz will nun prüfen, ob es sich bei dem Unfall nicht um einen Mordanschlag gehandelt haben könnte.

Bei dem Attentat auf die vorwiegend von US-Soldaten besuchte Diskothek waren zwei Menschen getötet und über 200 verletzt worden. Der damalige US- Präsident Reagan machte Libyen für den Anschlag verantwortlich. Er ließ wenige Tage später zur Vergeltung die US-Luftwaffe Einrichtungen in Libyen bombardieren. Obwohl die Regierung in Washington von einer libyschen Urheberschaft ausging, tappten die deutschen Ermittler bis zur Wende im dunkeln. Erst die Öffnung der Stasi-Archive und Aussagen wie die des früheren Stasi-Offiziers Wiegand erbrachten stichhaltige Indizien für eine libysche Urheberschaft.

Nach dpa-Angaben starb Wiegand zusammen mit seiner Ehefrau in der Nacht auf den 18. Juni in der Nähe von Setubal südlich von Lissabon. Die Ermittlungen der portugiesischen Polizei seien noch nicht abgeschlossen. Auch sei nicht definitiv geklärt, ob es sich um einen Mord gehandelt hat. Berichte, wonach das Auto Wiegands von einer Baumaschine überrollt wurde, sind aber offenbar falsch. Das Auto des Ehepaares soll frontal mit einem Kleintransporter zusammengestoßen sein. Im Fall „La Belle“ wird der Palästinenser Yassir Chraidi als Attentäter beschuldigt. Nach seiner Auslieferung aus dem Libanon sitzt er in Berlin in Untersuchungshaft. Mit der Eröffnung des Prozesses wird im Herbst gerechnet. Wiegand sollte gegen ihn aussagen. pn