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Und es gibt doch noch Talente

■ HSV-A-Jugend verliert das Finale um den Jugend-Kicker-Pokal bei 1860 München mit 1:2

Bahnhof Hamburg-Altona, Donnerstagabend, gegen 20:30 Uhr. Nieselregen. der italienische Nationaltorhüter Francesco Toldo hält den entscheidenden Elfmeter des Holländers Paul Bosvelt. Italien erreicht das Finale der Europameisterschaft. Jubel brandet bei den Zuschauern, die vor der Großbildleinwand ausgeharrt haben, auf.

München-Vaterstetten. Freitagnachmittag, 16:51 Uhr. Strahlender Sonnenschein. Marcel Kindler im Tor der A-Jugend des Hamburger SV hält den Foulelfmeter von 1860 Münchens Benson Okeke. Kaum Jubel auf den Rängen, da sich nur wenige Hamburger auf den Weg zum A-Jugend-Pokalfinale nach München gemacht haben.

Es ist nicht die erste gute Parade von Kindler in diesem Endspiel. Immer wieder muss der 18-Jährige sein ganzes Können zeigen, um die Fehler seiner Vorderleute auszubügeln. Die jungen Löwen spielen den HSV in der ersten Halbzeit an die Wand und auch Jugend-Coach Michael Schröder weiß: „Eigentlich hätten wir mit drei oder vier zu null zurückliegen müssen. Dass es nicht so war, haben wir nur unserem Torwart zu verdanken.“ Doch in der 33. Minute ist es dann soweit. Bei einem Torschuß von Benjamin Lauth ist Kindler machtlos. Die Hamburger Abwehr versucht, den U-18-Nationalspieler abseits zu stellen, was klar mißglückt.

Die Sechziger überwinden mit diagonalen Pässen immer wieder das Mittelfeld des HSV und durchschneiden die Abwehr der Rothosen wie ein heißes Messer die weiche Butter. „Wir wussten gar nicht, was mit uns los ist“, beschreibt Kindler den Zustand der Mannschaft. Und auch sein Trainer findet keine anderen Worte als: „Wir haben die erste Halbzeit einfach verschlafen.“

Es soll besser werden. Beide Mannschaften wollen schließlich beweisen, dass es nicht stimmt, dass der Deutsche Fußball keine Talente hat. Auch wenn U-18-Nationaltrainer Uli Stielike „ein Spiel auf unterem internationalen Niveau“ sieht, stehen immerhin 22 Spieler auf dem Platz, die alles gegeben haben, um zu gewinnen. Das ist schließlich heutzutage auch schon etwas wert.

Nach der Pause sehen die 1000 Zuschauer einen anderen HSV. Direkt nach dem Wiederanpfiff hat Artem Oksynyuk eine hundertprozentige Torchance. „Wir kamen gut raus und haben alle gekämpft. In der zweiten Halbzeit haben wir alle eine gute und geschlossene Leis-tung gezeigt“, doch wirklich freuen kann sich Kindler darüber nicht. Schiedsrichter Herbert Fandel entscheidet zwar nach einem vollkommen unmotivierten Handspiel an der Strafraumgrenze auf Strafstoß für die Hamburger. Und diese Chance zum Ausgleich läßt Kolja Afriyie in der 65. Minute auch nicht ungenutzt. Leider eicht das nicht. „Ich habe schon an die Italiener gedacht“, gesteht Michael Schröder. Doch in der 88. Minute platzt der Traum von Verlängerung und Elfmeterschießen. Der eingewechselte Sechziger Clemens Mayr erzielt nach einem Fehler in der HSV-Deckung das Siegtor. TSV-Präsident Karl-Heinz Wildmoser verkündet daraufhin mit stolzgeschwellter Brust: „1860 ist für seine außergewöhnliche Jugendarbeit bekannt.“

Die Hamburger sitzen auf dem Rasen. Sie sind enttäuscht und erschöpft. Marcel Kindler weint. „Was nützt denn die beste Leistung, wenn man doch verliert?“

Stefanie Pape

HSV: Kindler; Drews, Oksynyuk (89. Radtke), Afriyie; Pirozzi, Berwecke, Holst (41. Marohn), Rathmann (33. Meier); Sinik, Teixeira, Schacht.

SR: Fandel – Z.: 1000

Tore: 1:0 Lauth (33.), 1:1 Afriyie (65., Handelfmeter), 2:1 Mayr (88.)

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