: Unbotmäßiger Diepgen
Damals, 68, war sie noch groß, die Erwartung, daß die 68er das Establishment wegfegen und bald die Bundesrepublik beherrschen würden. Doch wie sehr trog Rudi Dutschkes Hoffnung auf den »Marsch durch die Institutionen«. Seit Ende Mai darf gefragt werden: vielleicht doch nicht ganz so? Wenn nicht alles täuscht, vor allem, wenn er sich selbst und, mehr noch, uns nicht täuscht, wird Berlin von einem Regierenden regiert, der — heimlich, still und leise — als Studentenrevolutionär bis ganz nach oben durch die Institutionen marschiert ist. Eberhard Diepgen bekannte bei einer Plakettenverleihung an einen FU-Rektor der unruhigen sechziger Jahre, daß er damals als Student und -vertreter »auch unbotmäßig in einigen Punkten« gewesen sei. Das riecht doch förmlich nach Studentenrevolutionär... Wenn nicht ältere Kommilitonen noch wüßten, weshalb Jung-Eberhard damals unbotmäßig war: weil er sich als Mitglied einer schlagenden Verbindung zum AStA-Vorsitzenden wählen ließ, bis seine KommilitonInnen den Unbotmäßigen 14 Tage später durch ein uniweites Mißtrauensvotum wieder stürzten.
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