Das Portrait: Unbequem und von allen Seiten gehaßt
■ Enver Maloku
Enver Maloku, 45, hatte viele Feinde. Und alle könnten sie hinter seiner Ermordung am vergangenen Montag mittag stecken. Der Leiter des albanischen Informationszentrums in Pristina galt dem serbischen Regime in Belgrad als „Propagandist eines Großalbaniens“, in den Augen einiger Albanergruppen war der Journalist ein „zweifelhafter Befürworter eines friedlichen Wiederstands“ gegen Belgrad.
Im vergangenen Jahr kam es dann noch zu Unstimmigkeiten zwischen Maloku und der Führung der kosovo-albanischen Sammelbewegung „Demokratischer Bund“ unter Ibrahim Rugova. Während Albanerführer Rugova hinter der neuen albanischen Untergrundarmee UCK anfangs „serbische Provokateure“ vermutete und deren Überfälle auf Polizeistationen und Kasernen verurteilte, übte Maloku stets Zurückhaltung in der Berichterstattung über die Rebellen.
In die täglichen Bulletins des Informationszentrums werden die UCK-Aktivitäten meist ohne Bewertung aufgenommen, zum großen Ärger Rugovas. Andererseits wirft die UCK dem Informationszentrum vor, nicht entschieden genug den bewaffneten Aufstand propagandistisch zu unterstützen. Im Untergrund-Kommuniqué Nr. 68 vom 3. Januar sagen die UCK-Rebellen der Informationsstrategie Rugovas den Kampf an und fordern alle albanischen Journalisten auf, sich der neugegründeten „Kosova-Press“ anzuschließen.
Ob Maloku Opfer einer inneralbanischen Abrechnung oder von serbischen Agenten ermordet wurde, läßt sich beantworten. Schon im Frühjahr 1998, war auf den Journalisten und Autor mehrerer Gedichtbände ein Attentat verübt worden. Der Sohn armer Bauern aus dem Bergweiler Pradash bei Podujevo begann seine journalistische Karriere in den 80er Jahren bei der regimetreuen Radio- und Fernsehstation RTP in Pristina und wurde 1988 Leiter der Kulturabteilung in albanischer Sprache.
Im Juli 1990 verlor Maloku bei einer antialbanischen Säuberungsaktion seinen Job und wechselte aktiv in die Politik. Nach Malokus Ermordung wächst die Angst vor neuen Spannungen. Nicht nur im Kosovo. Der Medienbeauftragte der OSZE, Freimut Duve, bezeichnete den Mord als „weiteres gefährliches Signal aus dem Kosovo“. Welches Signal ist das nächste? Karl Gersuny
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