piwik no script img

Unbehagen an Nähkursen

■ betr.: "Die "Singerica" oder: Wie emanzipatorisch ist Nähen" von Mira Renka, taz vom 1.9.90

betr.: „Die ,Singerica‘ oder: Wie emanzipatorisch ist Nähen“ von Mira Renka, taz vom 1.9.90

Die Autorin hat ihr persönliches Unbehagen an Nähkursen in den von ihr als „sogenannt“ apostrophierten Frauenläden sehr geistreich, humorvoll, zum Teil auch anrührend formuliert.

Wie wir meinen, steht ihre Argumentation gegen solche Angebote jedoch auf schwachen Füßen. Von den sechs Spalten des Artikels beschäftigen sich ohnehin nur wenige Absätze mit der eigentlichen Frage. Der Rest wird unter anderem eingenommen von einer Milieustudie aus dem jugoslawischen Dorfleben der fünfziger Jahre, der ausführlichen Schilderung des Elends von Fabrik- und Nebenerwerbsnäherinnen in Vergangenheit und Gegenwart sowie einem Exkurs über den hohen Anteil „verrückt“ gewordener Fabrikschneiderinnen in jugoslawischen „Klapsmühlen“. Schuldig bleibt uns die Autorin die Verknüpfung, was dies alles denn nun eigentlich mit den nicht kommerziellen, nur der Fertigung eigener Garderobe dienenden Nähkursen in Frauenläden zu tun hat.

[...] Wir stehen nicht an, Nähkurse als das Mittel der Emanzipationsförderung zu bezeichnen. Von den jugoslawischen und türkischen Besucherinnen unserer Einrichtung werden sie als eine Möglichkeit betrachtet, kreativ tätig zu sein, andere Frauen zu treffen, Meinungen und Informationen auszutauschen. Auf diesen Effekt der Sozialisationskurse kommt es an. [...] Die Mitarbeiterinnen des

AWO-Frauenladens, Berlin 65

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen