Umweltzerstörung für einen Neubau: Kahlschlag in Kiel
Bei den Bauarbeiten für eine neue Filiale von Möbel Höffner wurden Flächen außerhalb des Bauplatzes zerstört. Die Stadt hat Strafanzeige gestellt.
Zerstört wurden Teile eines ehemaligen Kleingartengeländes am Prüner Schlag, angedacht als Ausgleichsflächen für den Höffner-Koloss mit 40.000 Quadratmetern Verkaufs- und Parkflächen. Die Stadt stellt wegen der Umweltzerstörung Strafanzeige gegen den Konzern. Allerdings muss sich die Verwaltung selbst peinlichen Fragen stellen.
Angeblich war es ein einzelner Bagger, der so „derartig in Schwung war, dass er fröhlich das ganze Grünzeug abgeholzt hat“, zitieren die Kieler Nachrichten Höffner-Geschäftsführerin Edda Metz. Dagegen sprechen aber Berichte von Augenzeug*innen, die seit Monaten die Arbeiten auf dem Gelände beobachten. Von Ende Oktober bis Dezember 2020 seien die Flächen „nachweislich mit schwerem Gerät bearbeitet“ worden, heißt es in einer Petition, die „Gerechtigkeit für den Prüner Schlag“ fordert und die bis Freitag schon mehr als 5.500 Unterschriften erhalten hat.
Strittig ist, wann die Information über die Schäden und die unberechtigten Bauarbeiten im Rathaus bekannt wurden. Laut Berichten hatte ein Mitarbeiter des Planungsamtes den Kahlschlag bereits Anfang November bemerkt. Einige Tage später ging die Information an die Untere Naturschutzbehörde, deren Leiter am 12. November die zuständige Stadtbaurätin Doris Grondke (parteilos) informierte.
Ratsfraktionen fordern Aufklärung
Dennoch holzten die Bagger weiter, und die Ratsversammlung erfuhr nicht davon: „Die Kommunikation rund um das Geschehen auf dem Prüner Schlag ist in Zukunft zu verbessern“, stellten in einer gemeinsamen Erklärung die Ratsfraktionen von SPD, Grünen und FDP fest, die im Stadtparlament kooperieren. Sie verlangen nun eine Antwort auf die offenen Fragen: „Wie groß ist der Schaden? Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?“
Im Raum stehen 50.000 Euro Strafe. Zudem müssen neue Ausgleichsflächen geschaffen werden, auch von einer „Überkompensation“ ist die Rede. Kommenden Donnerstag wird sich der Bauausschuss mit der Frage befassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner