Umweltpolitik im US-Wahlkampf: Klimawandel ist kein Thema
Mitt Romney setzt auf Öl und Kohle. Präsident Obama hat seine grünen Wähler enttäuscht, endeckt die Umwelt aber wieder.
WASHINGTON taz | Der Sommer 2012 bringt den USA Rekordhitze, Rekorddürre und Rekordwald-brände. Aber das Stichwort „Klimawandel“ kommt im republikanischen Wahlkampf nicht vor. Bei der Vorstellung seines Energieplans hat Präsidentschaftskandidat Mitt Romney den Klimawandel kein einziges Mal erwähnt – hingegen 154-mal das Wort „Öl“. Romney setzt auf „Energieunabhängigkeit“ im Jahr 2020. Und will sie mithilfe von mehr Öl-, Gas- und Kohleförderung erreichen.
Präsident Barack Obama seinerseits soll diese Woche als offizieller Kandidat der Demokraten nominiert werden. Beim Parteitag in Charlotte in North Carolina werden dabei auch Umweltschützer zu Wort kommen. Für sie ist Obama das kleinere Übel, wenn er auch nur einen kleinen Teil seiner Ökoankündigungen durchgesetzt hat.
Doch jetzt spricht er wieder verstärkt von Umweltpolitik. Er hat das Genehmigungsverfahren der Ölpipeline von Kanada nach Texas – „Keystone XL“ – für eine Überprüfung ausgesetzt. Und angeordnet, dass bis 2025 der Benzinverbrauch von Neuwagen um die Hälfte – auf durchschnittlich 4,5 Liter pro 100 Kilometer – gesenkt werden muss.
Die großen Automobilhersteller Ford, Chrysler und General Motors, die neun von zehn Autos in den USA verkaufen und die Obama ihre Rettung in der Krise verdanken, sind damit einverstanden. Ihre Entwicklungslabors arbeiten längst an Autos mit geringerem Spritverbrauch. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Romney hingegen kritisiert den Sparzwang, weil er Autos teurer mache.
„Krieg gegen Kohle“
Mit den Industrien der fossilen Energien ist der Herausforderer Romney eng verbunden. Beim republikanischen Parteitag in Tampa saßen die Delegierten des Bundesstaates West Virginia mit Bergarbeiterhelmen im Saal. Und schimpften gegen Obamas „Krieg gegen Kohle“ und gegen die „Hindernisse“, die die Umweltbehörde EPA Kohleminen in den Weg lege.
„Kohle ist unsere größte natürliche Ressource“, sagt Mark Browning, Anwalt und republikanischer Delegierter aus West Virginia, „viele Familien hängen davon ab. Wir müssen die Kohle nutzen.“
Deren Umweltschäden seien „nicht dokumentiert“. Verschiedene konservative Thinktanks bereiten das ideologische Terrain seit dem Ende der Ära George W. Bush vor. Diese Industriellen-Vertreter bezeichnen Obamas zaghafte Umweltpolitik als „extremistisch“. Ihre Kritik: Umweltauflagen würden „Arbeitsplätze vernichten“.
Romney sucht in seinem Wahlkampf die Kulisse von Energiearbeitern. In Ohio tritt er vor Bergbauarbeitern in Uniform auf. Anschließend stellt sich heraus, dass die Arbeiter von ihren Vorgesetzten unter Druck gesetzt wurden, um hinter Romney zu stehen. Aber in Tampa, beim Krönungsparteitag der Republikaner, ist kein Druck nötig. Die Delegierten applaudieren den Energievorhaben ihres Präsidentschaftskandidaten stürmisch.
Er will die Genehmigungsprozesse für Ölförderung beschleunigen und vereinfachen. Er will die Verantwortung für Entscheidungen über Bohrgenehmigungen auf Land im Bundesbesitz – auch öffentliches Parkland – an die Bundesstaaten geben. Und er will die Kompetenzen der Umweltbehörde EPA beschränken. Für Romney ist die Mineralölbranche eine der größten Geldgeber.
Keine Rede mehr von „Deepwater Horizon“
Und er hat bereits zugesagt, die „Keystone XL“-Pipeline zu genehmigen sowie Ölbohrungen in Alaska und im Golf von Mexiko zu erleichtern. Vom Desaster der explodierten Ölplattform „Deepwater Horizon“ ist da keine Rede mehr. Beim Council on Foreign Relations bezweifelt Energieexperte Michael Levi, dass die USA sich mit Öl „aus der Arbeitslosigkeit herausbohren“ können.
Und beim demokratischen „Center for American Progress“ prognostiziert Dan Weiss: „Mit Romney würde Big Oil davon befreit, seinen gerechten Anteil an Steuern und Umweltschutz zu zahlen. Und Big Oil bliebe der Wettbewerb mit alternativen, saubereren Energien erspart.“
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