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Umstrittene US-GesundheitsreformObama mit Hitlerbärtchen

Konservative Kritiker der geplanten Gesundheitsreform riefen zur Demo nach Washington. Sie warnten vor Sozialismus und verhöhnten Obama. Der schoss kräftig zurück.

Die konservativen Gesundheitsreformgegner rückten auf ihrer Demo den Präsidenten in die Nähe aller möglichen politischen Führer. Bild: ap

WASHINGTON taz | "Trampel nicht auf mir herum" stand auf gelben Fähnchen zu lesen, die am Samstag vor dem Kapitol in Washington flatterten. Gut gelaunt und laut protestierten dort mehrere zehntausend konservative Demonstranten gegen die von US-Präsident Barack Obama angestrebte Gesundheitsreform. "Uns gehört die Kuppel", sangen sie immer wieder und zeigten Richtung Kongressgebäude. Sie protestierten damit gegen eine Reihe von Obamas Regierungsinitiativen, die, wie immer wieder gerufen wurde, nur dazu dienen würden, die USA "sozialistisch" zu machen und zudem verfassungswidrig seien.

Der Sternmarsch konservativer Kritiker war die bislang größte Protestveranstaltungen gegen Obama seit dessen Amtsantritt im Januar. Die Angereisten, mehrheitlich Familien mit Kindern, warnten zudem vor einer Explosion der Staatsausgaben und einem Abdriften Amerikas in den Staatskapitalismus. Wieder dabei und längst Signet der Anti-Obama-Bewegung: ein Plakat, auf dem Obama als böser "Joker" aus der Batman-Story zu erkennen ist, darunter: "Socialism".

Die, die kamen, sind Teil einer locker vernetzten Bewegung, die gerade dabei ist, sich herauszubilden und Ausdruck einer stärker werdenden Anti-Obama-Stimmung ist. In den konservativen Provinzen hat der Protest zudem rassistische Untertöne. Unzufrieden mit der Republikanischen Partei, der es seit ihrer Wahlniederlage im November 2008 schwerfällt, ihren Kurs zu finden, meinen viele US-Bürger, nun selbst agieren zu müssen.

Bereits im Frühling hatten konservative Organisationen landesweit sogenannte "Tea Parties" organisiert, auf denen gegen die vermeintlichen Steuererhöhungen protestiert wurde, die Obama nie in diesem Sinne vorgeschlagen hatte. Im Sommer folgten dann inszenierte Streitereien bei sogenannten Rathaustreffen, bei denen konservative Organisatoren eine Reihe von falschen Fakten nutzten, wie von Obama angeblich geplante Euthanasietribunale, um verunsicherte und konservative US-Bürger gegen die Gesundheitsreform aufzuhetzen.

Zu den Organisatoren gehören FreedomWorks, eine in Washington ansässige Gruppe unter Vorsitz des früheren republikanischen Mehrheitsführers im Abgeordnetenhaus, Rickard Armey, und das ResistNet. Es sind kleine, straff geführte Gruppen, die in Kooperation mit kommerziellen Werbeagenturen solche und ähnliche Protestkampagnen organisieren, die selbst innerhalb des Spektrums des US-amerikanischen Konservatismus als "extrem" gelten, jedoch gegenwärtig populär sind.

Weder gaben die Sicherheitsbehörden offizielle Zahlen der TeilnehmerInnen bekannt, noch wollte das Weiße Haus den Protest kommentieren. Beobachter meinten in Talkshows, dass die große Menge an Demonstranten zeige, dass Obamas leidenschaftliche Rede zur Verteidigung seines Reformvorhabens vom vergangenen Mittwoch wohl wirkungslos verpufft sei.

Obama sprach unterdessen in Minneapolis vor rund 15.000 begeisterten Anhängern. Er versprach, dass in den USA keiner mehr durch Krankheit in den Ruin stürzen soll, eine Gefahr, die derzeit auch für die US-Mittelschicht bestehe - eben jenen Menschen, die ein paar hundert Kilometer weiter südlich gegen ihn protestierten.

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11 Kommentare

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  • UV
    uni verzal

    so sieht`s aus: http://www.youtube.com/watch?v=UASS1qFAIQ8&feature=bzb302

     

    das alles fürt dazu dass man sogar gute ideen und bessere alternativen nur durch megaschlaue taktik

    und manipulation unter austricksung der gegenpartei an den mensch bringen kann, und es gewinnt wer mehr kohle reinsteckt.

  • UV
    uni verzal

    @sonja und so,

    ganz gewiss sitzen die murdoch fraktion und ultrarechte talker mit im boot der teabagger(sic.),

    lassen daran keinen zweifel. es geht um eine konzertierte aktion aller rechten und kirchlichen strömungen über das kleine erwähnte beispiel hinaus. man kann sich online die brillianten ausführungen der kommentatoren und tv moderatoren zu gemüte führen von denen jahre alte aufzeichnungen eben jene schon den kopf gekostet hätten, wenn man irgendeinen rest von würde zum

    moderieren haben müsste. durch lügen und hinkende rethoric, geschweige denn,mangelhafte didaktik oder abwesenheit von witz oder brillianz wurde noch keiner der faschistoiden faux-news leude abgewatscht. ähnliches blüht hier bald auch; hier gibt es ebenso fake-grassroots und pseudo thinktanks und institute und die fdp fordert schon

    die abschaffung des krankenkassensystems . schon in den 70`wurde ein ASSEgegner diskreditiert der aufgrund seiner forschungsarbeit zu dem schluss gekommen das dass geschehen würde was auch eingetreten ist. das war kein zufall, das war so genannte "Lobbyarbeit" und rufmord. selbst zu damaliger zeit war über den amerikanischen arbeitsmarkt bekannt dass Einrichtungen, die

    indirekt oder direkt informationen ergründen die

    über den wissenschaftlichen/technischen zweig an die öffentlichkeit gelangen, besser selbst unerkannt und unbekannt bleiben um die breitenwirkung nicht zu beeinträchtigen.

    alles jahre alte PR erfahrung die man auch in foren und threads erkennen kann. alles dümpelt wie gewohnt vor sich hin bis einer plötzlich auftaucht und angebliches exppertenwissen einstreut. zack isser(sie) da und referiert über die halbwertzeit und sicherheit von akws.

     

    p.s.:schlangenfahne ;"don`t tread on me" ist ein verkaufsschlager geworden, und ursprünglich von rechts-reaktionären vloggern ins bild gerückt worden , die sich konstanterweise meinen sich lediglich auf die "constitution" zu berufen. sind von patrioten bis zu endzeitlern.

  • H
    Hagenmaier

    Das einzige was Amerikanische Präsidenten können ist Krieg anzufangen.

    Ich wünsche Obama das er die Gesundheitsreform durchbringt. Da muß er aber härte zeigen und welcher Politiger macht das schon.

     

    Manfred

  • G
    grifter

    Die Krankenversicherung für alle US-Bürger ist sicher notwendig. Obama muß nur garantieren, dass

    die millionen illegalen Latinos ausgeschlossen blei-

    ben, weil er sonst die Welle von illegalen nur noch

    mehr fördert. Für europäische Gutmenschen ist das

    natürlich wieder Rassimus, aber man muß sich die Zu-

    stände in südtexas und californien nur ansehen.

    Diese Gruppen haben ja die möglichkeit nach Caracas

    oder Havanna zu gehen.

  • G
    gop_fan

    @ esel: mag ja sein (übrigens war ja reason im vorfeld der letzten wahl keineswegs anti-obama). sie berichten aber, was die schiere anzahl und zusammensetzung angeht, sehr ausgewogen, hier nochmal aktualisiert

     

    http://www.reason.com/blog/show/136042.html

  • D
    davidly

    Naja. Hätte eine richtige Opposition schon ewig her die Republikaner beim richtige Name genannt, würde solche Idioten wirklich am Rande stehen. Stattdessen haben wir da Demokraten, die versuchen (wie SPD auch) so knapp links von der GOP wie möglich zu regieren. Leider, in Amerika gibts keine oppositionelle Partei, nur Politiker ohne Geldmacht, was bringt einen nicht weit. Und der Grund, dass es keine NPD in den US gibt: Sie sind bei der GOP herzlich willkommen.

     

    Übrigens, Sonja (mit viele Mitleid): Ich kann deine Ansicht nachvollziehen. Dort gibts zur Zeit auch schon eine Art Koalition mit einer FDP.

  • F
    Fraumeier

    Interessante Kolumne zum Thema Obama und die Gesundheitsreform aus The New York Times: http://www.nytimes.com/2009/09/13/opinion/13dowd.html

  • E
    esel

    @gop_fan

    Das Reason-Magazin ist wohl kaum eine unabhängige Quelle.

  • G
    gop_fan

    Es waren wohl deutlich über 100,000 Demonstranten.

    http://www.reason.com/blog/#136041

  • S
    Sonja

    Was soll man da noch sagen?

    Verückte Amies!

     

    Es ist doch immer wieder zu sehen, wie sehr die Konservativen die Fäden in der Hand halten und was sich da (infolge medialer Beeinflussung vermutlich) Abstruses in den Köpfen abspielt. Vor allem, welchen Stellenwert "die Freiheit" hier hat, als Recht, das vom Stärkeren wahr genommen wird.

     

    Wenn ich mir aber die Wahlergebnisse der FDP so ansehe fürchte ich, dass wir von solchen Verhältnissen bald nicht mehr allzu weit entfernt sein werden.

  • E
    Eisvogel

    Lieber zig Millionen unversorgt lassen als den Unterschied zwischen sozial und Sozialismus lernen.

     

    Gegen überzeugte Dummheit gibt es ja leider keine Pillen.