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Umstrittene PrivatisierungBeim Abzocken verzockt?

Hat die Deutsche Telekom den slowenischen Staat geprellt? Der Konzern soll Absprachen getroffen haben, um an die Telekom Slovenija zu kommen.

Nein, die Telekom steigt nicht dick ins Regenschirmgeschäft ein, sie hängt nur gern Regenschirme an Decken, hier auf der Cebit. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn sich zwei aufhören zu streiten, freuen sich beide: Das scheint die Idee der Deutschen Telekom und des britischen Private-Equity-Unternehmens Cinven zu sein. Den beiden wird vorgeworfen, sich bei der Übernahme der slowenischen Telekom illegal abgesprochen zu haben, um möglichst billig zum Zug zu kommen.

Das zumindest ergaben Recherchen der slowenischen Zeitschrift Mladina. Wirtschaftsminister Zdravko Počivalsek hat die Vorwürfe bestätigt. Ursprünglich sollte der Verkauf des staatlichen Unternehmens helfen, den Haushalt des Landes zu sanieren.

Zu Beginn sah es auch gut aus: Fünf Interessenten hatte es für die Telekom Slovenija im vergangenen Jahr gegeben. Am Ende waren nur noch Cinven und die Deutsche Telekom übrig. Schließlich hatten sich auch die Deutschen überraschend zurückgezogen, die monatelang als der wahrscheinlichste Käufer galten.

Die Übernahme wäre ein logischer Zug gewesen. Dem Umsatz nach war die Deutsche Telekom 2014 Europas größter Telekommunikationskonzern. Sie ist in der Region stark im Geschäft: Die Bonner halten eine Mehrheit an T-Mobil Austria sowie an der ungarischen, kroatischen, mazedonischen, slowakischen und montenegrinischen Telekom. Sogar Bundeskanzlerin Merkel hat sich noch im letzten Jahr dem Telekommunikationsgeschäft zwischen Slowenen und Deutschen gegenüber positiv geäußert.

Die Nachricht über den Rückzug der Deutschen Telekom im April war eine Überraschung und Enttäuschung für die Slowenen. Schon damals tauchten Spekulationen über eine mögliche Kartellabsprache auf: Als bekannt wurde, dass es nur ein verpflichtendes Angebot für die Telekom Slovenija gibt, fiel der Preis für die Aktien auf 116 Euro. Im November stand sie noch bei 150 Euro. Cinven konnte den Preis für ein 75-Prozent-Paket an der Telekom Slovenija auf 800 Millionen Euro drücken.

Konsequenzen sind unklar

Die Vorwürfe nun: Der Absprache zwischen Cinven und der Deutschen Telekom zufolge sollten die Briten das Unternehmen zunächst kaufen, radikal umbauen, Stellen abbauen und die „sanierte und schlanke“ Firma den Deutschen „übergeben“.

Cinven weißt sie „kategorisch“ zurück. Nach kurzem Schweigen hat auch die Deutsche Telekom erklärt, dass sie die Vorwürfe zurückweise. Ob die slowenische Regierung aus dem Vorfall Konsequenzen zieht ist noch unklar, man müsse den Fall zunächst weiter prüfen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

Die slowenische Telekom ist eine von 15 staatlichen Firmen, die privatisiert werden sollen – die Regierung in Ljubljana erhofft sich so eine Sanierung der Staatsfinanzen. Der Prozess ist umstritten, weil sich das Land seit Jahren in einer Wirtschaftskrise befindet und viele staatlichen Firmen viel zu billig abgegeben werden müssen.

In den letzten Wochen gab es Kritik am Verkauf der großen Nahrungsindustriefirma Žito an kroatische Investoren. Viel Beachtung in den Medien fand auch der Verkauf des Flughafens Ljubljana an eine andere deutsche Firma: Fraport, die Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt am Main.

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