piwik no script img

Umstrittene Pelzproduktion in DänemarkNerzzucht vor Neustart

Während der Pandemie sah es so aus, als ob Nerzfarmen in Dänemark der Vergangenheit angehören. Doch das dürfte ein Trugschluss gewesen sein.

Darf in Dänemark bald wieder gezüchtet werden: Brauner Nerz Foto: imago

STOCKHOLM taz | Die Freude der TierschützerInnen war verfrüht. In Dänemark gehört die Tierquälerei mit der Aufzucht von Nerzen in engen Drahtkäfigen nun doch noch nicht der Vergangenheit an. Das vor zwei Jahren erlassene Nerzzuchtverbot war mit der Gefahr für die Volksgesundheit begründet worden und läuft zum Jahresende aus. Laut Gesundheitsbehörde gibt es auch keine rechtliche Grundlage, es mit der bisherigen Begründung zu verlängern. Und 14 der ehemals rund 1.200 Nerzzuchtbetriebe scheinen deshalb einen Neustart versuchen zu wollen.

Es war die Covid-19-Pandemie, die das endgültige Aus für die seit Langem kritisierte Branche mit sich zu bringen schien. Im Oktober 2020 erwiesen sich die Zuchtbetriebe als regelrechte Infektionsherde. Die Nerze waren besonders empfänglich für das Virus und steckten auch Menschen an. Die Gesundheitsbehörde befürchtete Mutationen, gegen die die vorhandenen Impfstoffe nicht wirksam sein würden. Nachdem die Regierung zunächst vergeblich versucht hatte, mit der Tötung aller Tiere in den befallenen Beständen und in umliegenden, noch virenfreien Zuchtbetrieben die Ausbreitung der Covid-19-Infektionswelle einzugrenzen, wurde Anfang November 2020 kurzerhand die Verglasung der Käfige aller rund 15 Millionen Tiere angeordnet.

Ministerpräsidentin Mette Frederiksen begründete diese Radikallösung mit „möglichen äußerst negativen Konsequenzen für den Verlauf der Pandemie nicht nur in Dänemark, sondern weltweit“. Sie sagte: „Wir haben Verantwortung für den Rest der Welt.“ Ein Szenario sei denkbar, „bei dem wir eine Pandemie bekommen, die in Dänemark ihren Ausgang nimmt“.

Großzügige Entschädigungen des dänischen Staates

Diese Furcht erwies sich nicht nur als übertrieben. Das Handeln der Regierung war nach dem im Juni 2022 vorgelegten Bericht einer Untersuchungskommission auch „sehr kritikwürdig“, wie es heißt. Frederiksen wird die Verbreitung von „objektiv gesehen grob irreführenden Informationen“ vorgeworfen. Über ihr schwebt deshalb noch die Drohung eines möglichen Rigsrett-Verfahrens wegen eines Amtsvergehens.

Mit umgerechnet über 2,5 Milliarden Euro aus der Staatskasse hat Kopenhagen die Nerzzuchtbetriebe mehr als großzügig entschädigt. Bei der Höhe des Schadensersatzes wurde ein möglicher Einkommenswegfall bis zum Jahre 2030 zugrunde gelegt. Fast 99 Prozent der Betriebe ließen sich auf diese Entschädigung ein. Die vom Parlament beschlossene Entschädigungsordnung schließt dabei eine Wiederaufnahme der Zucht nach dem 31. Dezember 2022 nicht aus. Es wird dann allerdings nur eine Verdienstentschädigung für die vergangenen zwei Jahre fällig.Bislang haben sich 14 Betriebe für eine derart eingeschränkte Entschädigungszahlung entschieden und sich damit die Tür für eine Wiederaufnahme der Zucht offen gehalten. Sie haben allerdings bis zum Jahresende Zeit, doch noch umzuschwenken.

Die Zucht verspricht wegen neuer Gesundheitsvorschriften in Zukunft nämlich teurer zu werden. So müssten zunächst alle rund 10.000 Zuchttiere, die man aus Island, Finnland, Spanien und Polen einführen will, einem Corona- und Gesundheitstest unterzogen werden, der umgerechnet 85 Euro pro Nerz kosten soll. Noch ist unklar, ob die Betriebe das selbst zahlen müssten oder ob dieser Betrag noch unter die staatliche Schadensersatzpflicht fällt. Außerdem sind laufende Stichprobentests bei den Tieren sowie tägliche Schnell- und wöchentliche PCR-Tests beim Personal vorgesehen.

Auch ist fraglich, welche Zukunft die Nerzzucht in der EU überhaupt noch hat. Laut dem dänischen Lebensmittelministerium gibt es in Brüssel Bestrebungen, den in der Zucht überwiegend üblichen Amerikanischen Nerz (Neogale vison) auf die Liste der invasiven Tierarten zu setzen, was zu einem Ende dieser Zucht führen könnte. Tierschutzorganisationen wie Dyrenes Beskyttelse kritisieren auch, dass Regierung und Parlament in der Zeit des vorläufigen Verbots kein von der Gesundheitsbegründung unabhängiges endgültiges Verbot erlassen haben. Was mittlerweile schon 20 europäische Länder umgesetzt haben oder planen, sollte auch in Dänemark möglich sein, meint Britta Riis, die Direktorin von Dyrenes Beskyttelse. „Die Zeit, in der man Tiere in kleine Käfige gesperrt hat, sollte endlich vorbei sein.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen