piwik no script img

Umgang mit Corona-VerdächtsfällenForderung nach kürzerer Quarantäne

Gesundheitspolitiker mehrerer Fraktionen haben sich für eine kürzere Quarantänezeit bei Corona-Verdachtsfällen ausgesprochen. Fünf Tage seien ausreichend.

Karl Lauterbach (SPD) glaubt, dass sich mehr Menschen an eine verkürzte Quarantänezeit hielten Foto: dpa

Berlin afp | Gesundheitspolitiker mehrerer Fraktionen haben für kürzere Quarantänezeit bei Corona-Verdachtsfällen plädiert. „Ich halte es für sehr sinnvoll, die Quarantänezeit auf fünf Tage zu begrenzen“, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach der Zeitung Welt (Freitagsausgabe).

Es sei bekannt, dass die allermeisten Menschen fünf Tage nach Beginn der Symptome nicht mehr ansteckend sind, auch wenn der Corona-Test noch ein positives Ergebnis ausweise. Zuvor hatte der Berliner Virologe Christian Drosten kürzere Quarantänezeiten bei Verdachtsfällen vorgeschlagen.

„Wenn wir die Quarantänezeit auf fünf Tage begrenzten, wäre die gesellschaftliche Akzeptanz für die Maßnahme deutlich höher“, sagte Lauterbach. Das ganze Leben wäre weniger unterbrochen, weil Menschen schneller an den Arbeitsplatz und in die Schulen zurückkehren könnten.

Mit einer verkürzten Quarantänezeit würde der gleiche Effekt für die öffentliche Gesundheit erreicht werden wie bislang, sagte Lauterbach. Möglicherweise wäre der Effekt sogar größer, „weil sich mehr Menschen an die Quarantänezeit hielten“.

„Die vorhandene Studienlage auswerten“

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, erklärte, dass derzeit eine Prüfung zu dem Thema stattfinde. Bund und Länder hätten das Bundesgesundheitsministerium und das RKI damit beauftragt, „die vorhandene Studienlage zur Quarantäne auszuwerten – und dann im Austausch mit den europäischen Partnern einen Bericht vorzulegen“. Auf dieser Basis werde dann entschieden, „ob eine verkürzte Quarantäne angeraten werden kann“, sagte Maag.

„Sollte es neue Ergebnisse bezüglich der Infektiosität geben, muss die aktuelle Politik reagieren“, sagte auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus. Das bedeute konkret, „dass beim Auftreten von Symptomen lediglich eine fünftägige Quarantäne völlig ausreichend ist“.

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche sieht das ähnlich: Bei Verdacht auf einen Kontakt mit einem Infizierten könnte es für viele Menschen sinnvoll sein, zunächst „in eine verkürzte Quarantäne zu gehen und diese mit einem negativen Test abzuschließen“. Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Detlev Spangenberg, kritisierte die Maßnahmen der Bundesregierung: „Die Aussage von Herrn Drosten bestätigt die Meinung der AfD, dass die bisherigen Maßnahmen überhastet und nicht ausgewogen angesetzt wurden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Für Eilige gibt es übrigens inzwischen eine Klarstellung von Drosten auf twitter:



    twitter.com/c_dros...301749029307645956

    Wieder was gelernt: Quarantäne ist nicht das gleiche wie Isolierung.

  • Wenn man sich den O-Ton Drosten anhört, versteht man, dass die verkürzte Quarantäne ein zähneknirschendes Zugeständnis wäre, um eine andere Strategie erträglich zu machen: nämlich, dass alle, die potentiell zum selben Quellcluster gehören, wie jemand der gerade positiv getestet wurde, SOFORT und ohne weitere Diskussion in Quarantäne geschickt werden.

    Dies stellt einen grundsätzlichen Schwenk der Strategie dar, da weniger darauf geschaut wird, ob der aktuell Infizierte weitere Leute ansteckt, als darauf, wo hat er sich infiziert, und kann daraus abgeleitet werden, wo eventuell ein Superspreading-Event stattfand und aktuell viele andere Teilnehmer das Virus weiter tragen?

    Ich bezweifle, dass ohne diese Strategieänderung viele Virologen einer Verkürzung auf 5 Tage zustimmen würden.

    Aber dieser Strategieschwenk ist wohl zu kompliziert. Fragt sich, ob die wichtigen Details schon bei den Politikern stecken bleiben, oder ob es erst die Berichterstattung ist, die es auf einen Teilsaspekt verkürzt.

    -> www.ndr.de/nachric...oronavirus238.html

  • Dann bitte auch schneller reagieren und die Bevölkerung um Mithilfe bitten. Ein Fall, der nur noch selten eintreffen dürfte.



    Ist man als Verseucher identifiziert, ist man in der Regel nach zwei Tagen nicht mehr ansteckend. Die man selbst angesteckt haben kann, für die sind die Einhaltung der fünf Tage wichtig, wobei man am ersten und zweiten Tag nach der Infektion praktisch noch keine Viren ausscheidet und noch schnell einkaufen gehen kann.



    Solange Symptome bestehen, ist frau allerdings infektiös. Das darf nicht vergessen werden, das kann auch Monate andauern. Das ist aber sehr selten.



    Ich bin sehr zufrieden.

  • Ob fünf oder vierzehn Tage, ist doch egal. Quarantäne wird doch sowieso nicht mehr eingehalten. Überwacht ja auch niemand!

  • Hm, nach vielen Monaten wird das nun studienmäßig überprüft? Hatte man das nicht mal schon längst machen können oder müssen?

    Wenn man überprüft, dann doch auch mal gleich noch, das was sich in der NY Times finden lässt, dass 90% der positiv Getesteten wohl so niedrige Viruslast aufweisen, dass sie nicht ansteckend sein dürften und damit nicht in Quarantäne müssen. Offenbar wird aber bisher nur angegeben, ob Viruslast vorhanden ist oder nicht, was für die Beurteilung einer Ansteckung kaum aussagefähig ist. Man fordert eine differenzierte Angabe, wie hoch jeweils die Viruslast ist und entsprechende Grenzwerte bei einer Quarantäneentscheidung.

    www.nytimes.com/20...virus-testing.html

    “It’s just kind of mind-blowing to me that people are not recording the C.T. values from all these tests, that they’re just returning a positive or a negative,” one virologist said.

    Wie lange hat man das jetzt praktiziert und trotz umstrittener nichtvalidierter Testmethode solche Konsequenzen für die einzelnen Menschen, für die Gesellschaft, für die Wirschaft und damit wiederum für physische und psychische Gesundheit (oder vielmehr dagegen) getroffen? Es ist nur schwer zu glauben, wie da seit Monaten politsch-wissenschaftlich agiert wird, trotz fundierter Kritik an diesen Tests von Anfang an.