Umfrage zur Pass-Entscheidungspflicht: Die Betroffenen hätten lieber beide

Die meisten Kinder ausländischer Eltern entscheiden sich später für den deutschen Pass. Ein Drittel fände es besser, beide Pässe behalten zu dürfen.

Das Doppelpass-Verbot gilt faktisch nur für bestimmte Staatsangehörigkeiten: die türkische, zum Beispiel. Bild: dpa

BERLIN taz | Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren wurden, erhalten seit dem Jahr 2000 automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens einer ihrer beiden Eltern ein Daueraufenthaltsrecht besitzt und seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt. Zudem erhalten sie meist die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern, die ihnen deren Herkunftsland gewährt. Im Alter zwischen 18 und 23 Jahren müssen sie sich allerdings entscheiden, ob sie den deutschen Pass oder den ihrer Eltern behalten. Das ist die so genannte „Optionspflicht“, die nur auf Druck der Union damals eingeführt wurde.

Für Kinder, die im Jahr 2000 noch keine zehn Jahre alt waren, wurde eine Übergangsregelung geschaffen. Die meisten dieser Jugendlichen entscheiden sich einer Studie zufolge bei Volljährigkeit nun mehrheitlich für den deutschen Pass. Nur knapp zwei Prozent wollen die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten. Das geht aus einer Befragung unter 401 dieser Jugendlichen hervor, die das Bundesinnenministerium am Freitag vorstellte.

Aus der Studie geht auch hervor, dass sich viele Betroffene nur zögerlich bei den Behörden melden, nachdem sie von diesen angeschrieben wurden. Viele der Befragten gaben an, dass sie gerne beide Staatsbürgerschaft behalten und auf eine entsprechende Gesetzesänderung gehofft hätten, die ihnen das ermöglichen würde (64 Prozent). Nachdem sie sich aber einmal für eine Staatsbürgerschaft entschieden haben, vermissen nur noch ein Drittel dieser Jugendlichen ihren anderen Pass.

Ein Drittel der befragten Jugendlichen, die noch gar nicht auf das Schreiben der Behörden reagiert hatten, waren sich nicht über die rechtlichen Konsequenzen im Klaren – nämlich, dass sie dann, mit 23 Jahren, automatisch und ungewollt die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können. Bis 2013 müssen sich die ersten von ihnen endgültig entschieden haben.

Die Bundesregierung nimmt die Studie als Beleg dafür, dass die Optionspflicht nicht zu Problemen für die Betroffenen führe. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht deshalb keinen Anlass, das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland zu ändern. Dass sich viele der betroffenen Jugendlichen aber nur unzureichend über ihre Wahlpflicht informiert zeigte, dem will man nun mit einer Informationskampagne entgegenwirken.

Optionsverfahren vereinfachen

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, forderte jetzt dazu auf, das Optionsverfahren zu vereinfachen, denn für die Behörden ist es mit erheblichem Aufwand verbunden. Der Deutsche Städtetag rechnet insbesondere ab 2018, wenn die Optionszahlen von zurzeit jährlich etwa 4.000 auf rund 40.000 ansteigen werden, mit einer hohen Belastung.

Migrantenverbände fordern schon seit langem, die Optionsregel komplett abzuschaffen. SPD und Grüne sind aber mehrfach damit gescheitert, eine Mehrstaatlichkeit auch im Regelfall zu gewähren. Zuletzt hatten sich Berlin, Baden-Württemberg und andere SPD-geführte Bundesländer für die doppelte Staatsbürgerschaft stark gemacht, waren damit aber im Bundesrat gescheitert. Die Optionsregel gilt nicht für EU-Ausländer oder Spätaussiedler, die dürfen mehrere Pässe besitzen. Sie trifft vor allem Jugendliche mit türkischen oder arabischen Eltern.

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