Umbau der PLO-Führung: Abbas tritt zurück
Mahmud Abbas bereitet eine geordnete Nachfolge vor. Der Chefunterhändler mit Israel soll neuer Chef des Exekutivkomitees der PLO werden.
Damit solle eine Umbildung der Palästinenserführung ermöglicht werden. Als künftiger PLO-Chef ist der neue Generalsekretär Sajeb Erakat im Gespräch, während Abbas Präsident der Autonomiebehörde bleibt.
Obwohl alle Zurückgetretenen bis zu einer Neuwahl im Amt bleiben, sei ein „juristisches Vakuum“ entstanden, sagte Jussef weiter. Aus diesem Grund müsse der Palästinensische Nationalrat (PNC) binnen eines Monats zusammenkommen, um ein neues Exekutivkomitee zu wählen. Der 740 Mitglieder zählende PNC ist das Parlament der PLO und vertritt neben den Palästinensern im Westjordanland und Gazastreifen auch diejenigen im Exil im arabischen Raum oder in Übersee. Wegen der palästinensischen Zerstrittenheit und aufgrund von Visaproblemen fand die letzte reguläre Sitzung 1996 statt.
Der PLO gehören alle politischen Strömungen der Palästinenser an mit Ausnahme der islamistischen Hamas und des Islamischen Dschihad. Im Nationalrat sind diese beiden Fraktionen aber vertreten durch Abgeordnete des 2006 gewählten Palästinensischen Legislativrats – der Volksvertretung der Palästinensergebiete – und durch Gewerkschaftsvertreter, die der Hamas nahestehen.
Chefunterhändler designierter Nachfolger
Das Exekutivkomitee ist die höchste Instanz der PLO, die 1974 von der UNO als einzige „Repräsentantin des palästinensischen Volkes“ anerkannt wurde. So hatte dieses Organ die Oslo-Abkommen von 1993 unterzeichnet, welche die erste Stufe einer Zwei-Staaten-Lösung bilden sollten.
Sajeb Erakat, Chefunterhändler der Palästinenser in Friedensgesprächen mit Israel, wurde am Samstag zum kommissarischen Generalsekretär der PLO gewählt. Der langjährige Amtsinhaber Jasser Abed Rabbo war kürzlich von Abbas abgesetzt worden, ohne dass die Gründe öffentlich bekannt wurden.
In Ramallah heißt es, der 80-jährige Abbas bereite durch diese Manöver seine Amtsnachfolge vor und wolle die Zusammensetzung der Führungsgremien zugunsten seiner eher gemäßigten, engsten Gefolgsleute beeinflussen. Beobachter erwarten, dass Erakat schon bei der angekündigten PNC-Sitzung zum neuen PLO-Vorsitzenden gekürt oder als klarer Nachfolger von Abbas nominiert wird.
Konkurrenz mit der Hamas
Den Hintergrund der Vorgänge bilden die seit März 2014 anhaltende völlige Blockade der Verhandlungen über eine endgültige Lösung des Nahostkonflikts und das jüngste Scheitern des Aussöhnungsabkommens zwischen der säkularen Fatah-Partei von Abbas, welche die Autonomiebehörde dominiert, und der radikalislamischen Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert. Unmittelbarer Anlass ist die Befürchtung der Autonomiebehörde, dass die Hamas mit Israel einen Separatfrieden aushandeln könnte, der die dauerhafte Trennung von Westjordanland und Gazastreifen besiegeln und die Schaffung eines Palästinenserstaates mit beiden Gebieten torpedieren würde.
Hamas-Führer Chaled Maschaal hatte am Freitag erstmals indirekte Kontakte mit Israel bestätigt. Die israelische Regierung hatte sich häufende Berichte über Verhandlungen mit der als Terrorgruppe eingestuften Hamas vor einer Woche kategorisch abgestritten.
Allerdings ist bekannt, dass der frühere britische Premierminister Tony Blair sich in jüngster Zeit mehrfach mit Maschaal getroffen hat. Dabei sondierte er die Aussichten für eine Lösung, bei der die Aufhebung der Blockade des Küstenstreifens mit einem dauerhaften Waffenstillstand verknüpft wird. Blair, bis Juni Sondergesandter des Nahost-Quartetts, stimmt sich auch eng mit Israel ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“