Ukrainische Präsidentschaftswahlen: Der verprügelte Kandidat
Oleg Zarjow macht aus seiner Nähe zu Russland keinen Hehl. Nun wurde er in Kiew von Radikalen krankenhausreif geschlagen.
BERLIN taz | An Wahlkampf dürfte für den ukrainischen Politiker Oleg Zarjow zumindest in den nächsten Tagen nicht zu denken sein. In der Nacht zu Dienstag wurde der 43-Jährige, der am 25. Mai für das Amt des Präsidenten kandidiert, von Radikalen nach einem Fernsehauftritt in Kiew krankenhausreif geprügelt. Sein Zustand sei ernst, meldete die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti.
Zarjow, der aus Dnjepopetrowsk stammt und in Moskau studierte, war in den 90er Jahren als Geschäftsmann tätig – zuletzt als stellvertretender Direktor der Papierfabrik. 2002 zog er für die Partei der Regionen des im Februar abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch ins Parlament ein. Im selben Jahr wurde er mit dem Titel „Abgeordneter des Jahres“ ausgezeichnet, weil er 22 Gesetzesentwürfe ausgearbeitet hatte.
Aus seiner Nähe zu Russland machte der Vater von vier Kindern nie ein Hehl. So forderte er 2013, Russisch als zweite Amtssprache einzuführen, sowie den Beitritt der Ukraine zu der von Russland geführten Zollunion. Folgerichtig vermochte Zarjow auch der Maidan-Bewegung nichts Positives abzugewinnen. Die sei ein Werk ausländischer Kräfte und eine Gefahr für die nationale Sicherheit, sagte er.
So fluchtartig, wie Staatschef Janukowitsch im Februar die Ukraine verließ, so verließen auch viele Abgeordnete und Mitglieder die Partei der Regionen. Zarjow blieb, stimmte im Parlament jedoch fortan gegen jedes Gesetz der Übergangsregierung. Denn eine Zusammenarbeit mit dieser illegitimen Macht sei kriminell.
Am 7. April und damit zehn Tage nach seiner Registrierung als unabhängiger Kandidat für die Präsidentschaftswahlen schloss die Partei der Regionen Zarjow aus ihren Reihen aus. In der vergangenen Woche sagte Zarjow, er sei davon überzeugt, dass die Wahlen im Mai nicht stattfänden. Jedenfalls werde er alles dafür tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen