Überwachung von Online-Netzwerken: Sachsen stoppt Schnüffelplan
Die Landesregierung in Sachsen hat ihre Pläne aufgegeben, Online-Netzwerke systematisch zu überwachen. Sächsiche Medien hatten das Projekt heftig kritisiert.
DRESDEN taz | Nach Protesten hat die Sächsische Staatskanzlei ihre Absicht aufgegeben, für 390.000 Euro Software zur systematischen Überwachung sozialer Netzwerke im Internet zu beschaffen.
Mit diesem „Social Monitoring“ wollte sich die Staatskanzlei nach eigenen Angaben „abstrakte Meinungsbilder ohne Personenbezug“ beschaffen und auf Trends reagieren. Er habe noch einmal mit seinen Mitarbeitern „über den Sinn diskutiert“ und entschieden, dass das Projekt nicht weiterverfolgt wird, teilte Staatskanzleichef Johannes Beermann (CDU) mit.
Man könne mit Suchprogrammen preiswerter nach Stichworten und frei verfügbaren Daten suchen, stellt Beermann das Kostenargument in den Vordergrund. Nach taz-Informationen war die am 15. Juni veröffentlichte Ausschreibung einer solchen Software von der Verwaltung vorbereitet worden. Der Staatskanzleichef will sich erst in dieser Woche damit befasst haben.
Auf die Ausschreibung war die Grünen-Landtagsfraktion aufmerksam geworden, ihr Abgeordneter Johannes Lichdi stellte eine Kleine Anfrage. Die Antwort darauf unterzeichnete stellvertretend Innenminister Markus Ulbig, der deshalb zu Unrecht in die Kritik geriet. In sächsischen Medien war vom „Sachsen-Trojaner“ und von „Schnüffel-Software“ die Rede. Das Vorhaben habe nichts mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, sondern zeuge von einem „anmaßenden Staatsverständnis“, kommentierte der Grüne Lichdi die Antwort auf seine Anfrage. Die Ausschreibung schließe einen Personenbezug nicht ausdrücklich aus.
Gerade diesen Ausschluss fordert aber der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig. Dessen Vorgänger Thomas Giesen nannte in einem Gastbeitrag der Sächsischen Zeitung die beabsichtigte Anschaffung „ein Werkzeug zur rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung der Privatsphäre“ und verwies auf die dahinter stehende Einstellung der Staatsregierung. Eben weil diese „Denke“ sich nicht verändert habe, werde man am Thema bleiben, kündigten die Grünen an.
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