Piraten fordern mehr Datenschutz: Wenn Google im Landtag mitliest
Die Piraten im NRW-Landtag kritisieren, dass der Spamfilter des Hauses von Google betrieben wird. Der US-Konzern könne so im Haus mitlesen und manipulieren.
DÜSSELDORF dpa | Die Piraten-Fraktion wirft dem Landtag in Nordrhein-Westfalen einen Daten-Missstand beim E-Mailverkehr vor. In einer Pressemitteilung von Montag beklagt die Partei, dass der US-Konzern Google über seine Tochterfirma Postini sämtliche E-Mails von Mitarbeitern und Mitgliedern des Landtags analysieren und bewerten könne.
Laut Piraten hat der Düsseldorfer Landtag Anfang 2007 das Unternehmen Postini damit beauftragt, einen Spamfilter für den E-Mailverkehr des Hauses zu betreiben. Der sortiert für den Empfänger unerwünschte Mails wie Werbung aus.
Mitte 2007 habe Google Postini aufgekauft und seitdem Zugriff auf die Landtagsmails. „Google kann nach eigenem Ermessen E-Mails als Spam ausweisen, im Extremfall abweisen und hat damit die Macht zu bestimmen, welche E-Mails ihren Empfänger nicht erreichen“, erklärte Marc Olejak von der Piraten-Fraktion. „Da die Korrespondenz in keiner Weise verschlüsselt oder signiert wird, kann niemand nachprüfen, ob E-Mails gelesen oder sogar verändert werden.“ Unternehmen von der Größe des Landtags betrieben normalerweise eigene Server, beklagten die Piraten.
Ein Landtagssprecher kündigte an, eine Arbeitsgruppe aller Fraktionen werde die Vorwürfe der Piraten prüfen. Ob das Thema auf der Tagesordnung des nächsten Treffens im November stehe, sei offen. Eine Sprecherin des Landesdatenschutzbeauftragten äußerte sich zurückhaltend zu den Vorwürfen.
„Noch wissen wir nicht, ob es überhaupt einen Verstoß gegen den Datenschutz gibt. Aber wir stehen im Kontakt mit dem Landtag und stehen auch beratend zur Seite.“ Ihre Behörde sei allerdings nur für die Interessen der Mitarbeiter im Landtag zuständig, nicht für die Abgeordneten.
Für die Kritik der Piraten am ausländischen Standort des Servers, der damit für das deutsche Rechtssystem nicht greifbar sei, äußerte die Sprecherin Verständnis. Das sei ein altes Problem, auf das alle Datenschützer immer wieder hingewiesen hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt