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Überwachung von Kunden bei RealGesichtserkennung gestoppt

Real analysiert vorerst keine Gesichter von Kund*innen mehr. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Kritik an der Praxis.

Big Brother beobachtet nicht mehr: Ein Real-Supermarkt, jetzt wieder ohne Gesichtsüberwachung Foto: dpa

Berlin taz | Die Supermarktkette Real stellt die Blickkontaktanalyse in 41 Märkten wieder ein. „Wir haben beschlossen, den Test zu beenden, weil die öffentliche Diskussion einen völlig falschen Eindruck vermittelte“, sagt Real-Pressesprecher Markus Jablonski gegenüber der taz. „Die Kommunikation des Kundennutzens war im vorliegenden Fall nicht gewährleistet.“

Real hatte an 41 Standorten Bildschirmplätze an die Agentur Echion vermietet. Mithilfe von Videoaufnahmen analysiert das Unternehmen den Blickkontakt der Kund*innen mit Werbeanzeigen auf den Bildschirmen und wertet diesen für seine Werbekunden aus. Real hat laut eigener Aussage keinen Zugriff auf die erhobenen Daten.

Die Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzrichtlinien war jederzeit gewährleistet, schrieb das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht am 9. Juni in einem Prüfbericht.

„Es ist nicht abschließend geklärt, wie die Blickkontaktanalyse datenschutzrechtlich einzuordnen ist“, sagt Daniel Strunk, Pressesprecher der Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen. Es handele sich um eine anlasslose Informationserhebung mit großer Streubreite. Damit sei immer eine hohe Eingriffsintensität verbunden. Im Ergebnis sei die Entscheidung des Supermarkts zu begrüßen.

Auch die Post soll aufhören

Der Einzelhandel fühle sich gegenüber der Konkurrenz im Internet im Nachteil und versuche deshalb, Daten zu erheben, sagt Friedemann Ebelt vom Verein Digitalcourage. Vergangene Woche erstattete der Verein Strafanzeige gegen Real und die Deutsche Post, die ähnliche Analysen vornimmt. „Wir gehen davon aus, dass Real erkannt hat, dass die Strafanzeige Substanz hat“, sagt Ebelt der taz.

„Wir widersprechen entschieden den Vorwürfen, die in der Strafanzeige geäußert wurden“, sagt Real-Sprecher Jablonski. „Vor diesem Hintergrund bezweifeln wir auch die Erfolgsaussichten einer solchen Klage.“ Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf habe sich nach seinen Informationen bislang nicht mit dem Fall befasst und noch nicht entschieden, ob Anlass besteht, Ermittlungen aufzunehmen.

Digitalcourage fordert die Deutsche Post auf, ihre Analysen ebenfalls einzustellen. Die Aufnahmen stünden in keiner Verhältnismäßigkeit, sagt Ebelt. „Das ist ein viel zu tiefer Einschnitt in die Privatsphäre.“

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2 Kommentare

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  • Viele Unternehmen dokumentieren, analysieren und speichern das Verhalten der Kunden ab. So kann man daraus Schlüsse ziehen und den Gewinn erhöhen. Daten werden oft mit anderen Unternehmen getauscht. Oft gibt es keine Möglichkeit IT spezifisch es zu gewährleisten, dass die datenschutzrechtlichen Aspekte eingehalten werden können. Auch in der Medizin ist das oft der Fall.

     

    Jeder kann sich zum Beispiel Gedanken darüber machen, ob es eine Kundenkarte wirklich braucht. Selbst ein Professor, der Deutschlandweit für viele Unternehmen etwas machte, riet seinen Studenten von den Kundenkarten ab.

     

    Und momentan haben wir einen Trend, dass Unternehmen und Dienstleister wie Telekom, Bank usw. so viel Geld von Kunden "raus zu ziehen" versuchen. Dabei das was man angeboten bekommt, wird nicht unbedingt gebraucht. Und später merkt man noch, dass das Produkt oder Dienstleistung nicht alle s hat, wie vom Verkäufer oder Berater versprochen wurde. Oft sind solche Produkte und Dienstleistungen an eine zeitliche Frist gebunden; also kann man nicht sofort das Geld zurück haben.

  • Das Bundesdatenschutzgesetz ist ursprünglich von dem Artikel 1 Grundgesetz abgeleitet worden. Vor allem verfassungsrechtlich gilt: Niemand darf gegen seinen Willen gefilmt oder fotografiert werden. Ausnahmen gibt es im Interesse der Allgemeinheit bspw. wegen der Sicherheit. Polizei im Einsatz darf gefilmt werden. Ein Verbrechen darf gefilmt werden.