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Überwachung durch Pkw-MautDobrindts großes Deutschland-Selfie

Von wegen Datenschutz: Mit der geplanten Pkw-Maut kommt deutlich mehr Überwachung, als Verkehrsminister Dobrindt zugibt.

Alexander Dobrindt (CSU), Heilsbringer der deutschen Verkehrspolitik. Bild: dpa

Die Pläne des Bundesverkehrsministeriums für eine Pkw-Maut werden zu wesentlich stärkerer Überwachung führen als bislang bekannt. An den bereits vorhandenen Autobahn-Mautstellen sollen Scans aufgenommen werden, die bis zu 13 Monate lang gespeichert bleiben. Das geht aus dem Gesetzentwurf hervor, der am Wochenende bekannt geworden ist.

Offiziell vorgestellt wurde das Papier bislang nicht. Bei der Bekanntgabe seiner Pläne für die neue Pkw-Maut in der vergangenen Woche hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lediglich eine Zusammenfassung vorgelegt, die auf zweieinhalb Seiten einige Punkte des Entwurfs zusammenfasst.

Die Speicherung der Daten ergibt sich aus den im Gesetzentwurf vorgesehenen Erstattungsansprüchen. Mautzahler haben demnach unter verschiedenen Bedingungen die Möglichkeit, sich den gezahlten Betrag wieder erstatten zu lassen. Zum Beispiel wenn sie nachweisen, dass sie ihr Fahrzeug innerhalb des Mautjahres überhaupt nicht genutzt haben. Oder wenn es im Mautzeitraum abgemeldet wurde.

Um Erstattungsansprüche zu überprüfen, sollen die an den Mautstellen aufgenommen Daten von abgabepflichtigen Fahrzeugen für den Rest des Mautzeitraums plus einen Monat gespeichert werden. Also bis zu 13 Monate. Das betrifft nicht nur die Frage, ob ein Autobesitzer die Maut gezahlt hat oder nicht. Sondern ausdrücklich, das geht aus der Begründung zu den einzelnen Paragrafen hervor, auch die an den Mautstellen aufgenommenen Kontrolldaten.

BKA will ran an die Daten

Das Bundesverkehrsministerium wollte sich am Sonntag nicht äußern. Dobrindt hatte in den vergangenen Tagen jedoch immer wieder betont, dass er bei dem Gesetz auf Datenschutz geachtet habe. Die gescannten Bilder von Fahrern, die die Maut bezahlt haben, sollten demnach sofort gelöscht werden, auch Behörden hätten keinen Zugriff. Doch schon gibt es Begehrlichkeiten: Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, forderte in der Welt am Sonntag eine Nutzung von Mautdaten „in besonderen Ausnahmefällen der Schwerstkriminalität“. Dobrindt wies ein solches Ansinnen via Süddeutsche Zeitung zurück.

Ziercke ist jedoch nicht der Einzige: Als prominentester Vertreter sprach sich schon 2006 der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) dafür aus, die Mautdaten auch in der Strafverfolgung zu nutzen. Technisch gesehen würde das keine großen Schwierigkeiten verursachen. Wie lange die einzelnen Daten gespeichert werden, lässt sich mit einer Änderung der Software leicht ändern.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff forderte mindestens die gleichen datenschutzrechtlichen Standards wie bei der Lkw-Maut. Danach sieht es nun nicht aus. Bei der Lkw-Maut werden an den Mautstellen angefertigte Scans etwa von Nummerschildern nur dann gespeichert, wenn es sich um einen mutmaßlichen Mautpreller handelt.

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11 Kommentare

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  • Schäuble, Bosbach, de Maizière ... - sobald und solange diese Typen in der Regierungspartei sitzen ist allerhöchste Vorsicht angesagt!

     

    Gerade IM de M. schreit sofort nach mehr Überwachung, und wenn wieder ein Vorfall herbei muss, welcher noch mehr Überwachung und Speicherung rechtfertigen soll, wird kurzerhand das Umkippen von Reissäcken in China als terroristischer Akt deklariert.

     

    "Christdemokraten" ...

    Es wird allerhöchste Zeit dass diesem Typus Obrigkeits-Politiker das Tuschefass für die Gesetzes-Schreibfeder wieder weggenommen wird.

     

    Regel Nr. 1: Man frage sich immer, wer am meisten von solchen Plänen profitiert.

     

    Der Bürger ist es jedenfalls nicht, auch wenn uns das ständig und sonor von denen vorgelogen wird.

  • "der am Wochenende bekannt geworden ist" --> Erster Indikator dafür, dass etwas faul ist!

    " Die gescannten Bilder von Fahrern, ..., sollten demnach sofort gelöscht werden, auch Behörden hätten keinen Zugriff"--> Sorry, aber das is einfach lächerlich und nicht mal ansatzweise glaubwürdig!

    Vielleicht erschließt sich das nur mir nicht, aber warum und inwiefern werden Autofahrer eigentlich an Mautstationen gescannt?!

  • Ich kann nur immer wieder sagen:

    Was technisch möglich ist,das wird auch gemacht!!!

    Und wenn es zu peinlich wird,das zu bekennen,dann wird es zur Geheimsache erklärt und wir dürfen in 40 Jahren darüber nachlesen oder es wandert nach Nutzung in den Schredder.Ich mache mir keine Illusionen mehr über die Staatsgewalt im "Rechtsstaat".

  • Diese Halsabschneider hätten genug Einnahmen - wenn sie nicht zu feige wären, mal bei der Ausgabenseite ihren heißgeliebten Lobbygruppen auf den Schlips zu treten. Wenn nur die unsinnigsten geschenke gestrichen würden, würd's reichen...

  • "Dobrindt hatte in den vergangenen Tagen jedoch immer wieder betont, dass er bei dem Gesetz auf Datenschutz geachtet habe."

     

    Datenschutz heißt für diese Rgierung, alle Daten vor dem Löschen zu schützen.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Heiner Jessen:

      Das aber gilt nicht für Daten zur Erfassung und Verfolgung von etwa NSU Tätern und/oder sonstwie rechten Umtrieben...

  • Ist ja auch zu schwer in Deutschland. Schweizer und Ösis machens vor: Vignette z.B. an Tankstelle kaufen, an Scheibe kleben. Gibt´s seit Jahrzehnten.

     

    "Aber wie kommen wir dann an die Daten ran? Wir müssen doch schon mal bissle probieren, wie das dann werden soll und die Schäfchen so langsam dran gewöhnen, gaaanz langsam".

  • Um eine Entlastung der deutschen Autofahrer ging es überhaupt noch nie; um das Abkassieren "ausländischer" Autofahrer ging es ohnehin nur an den CSU-Stammtischen vor den Wahlen; um eine PKW-Maut bei gleichzeitiger Entlastung in gleicher Höhe bei der Kfz.-Steuer kann es auch nicht gehen, weil dies unterm Strich keine Mehreinnahmen für Straßen- und Brückenbau bringt; also geht es mal wieder darum, einigen wenigen Firmen Steuerkohle für einen mehr als zweifelhaften Mehrwert in Form von gesammelten Daten zukommen zu lassen. Leute wie Dobrindt sind gerade deshalb so gefährlich, weil Sie ernsthaft glauben, nur weil sie ihre kleine Krämerseele dereinst der CSU verkauft haben, könnten sie nun Daten von und über Autofahrer auf diesem Wege zur beliebigen Ware machen.

    • @Rainer B.:

      jo freili du, dene Ausläända die unsre Stroßen kaputt fohrn, hom mas oba zeigt, geu. Hom ma s glei im im PeeCee, kum mas nimma aus. Vergelt´s God.

  • Das war mir von Anfang an Sockenklar,

    das es hier nicht primär um Geld geht,

    sondern um Daten, Kontrolle, Macht und Ohnmacht.

     

    Und Infos sind sowieso Geld,

    wenn man sie privatisiert, statt löscht.

    • @JadotA:

      Wer heute noch einem Politiker glaubt, ist nicht zu retten.