Überschwemmungen und Erdrutsche: 500 Brasilianer vom Schlamm getötet
Brasilien erlebt eine ungeahnte Naturkatastrophe: im Umland von Rio de Janeiro fielen mehr als 500 Menschen Überschwemmungen und Schlammlawinen zum Opfer. Viele Menschen werden vermisst.
RIO DE JANEIRO afp/dpa | Mit mehr als 500 Toten bei den Überschwemmungen in Brasilien erlebt das Land die größte Naturkatastrophe seiner Geschichte. Mindestens 506 Menschen seien durch die Regenfälle und Erdrutsche nördlich von Rio de Janeiro ums Leben gekommen, sagten Behördenvertreter örtlichen Medien am Donnerstag. Präsidentin Dilma Rousseff versprach nach einem Besuch im Katastrophengebiet weitere Hilfen.
Laut der Nachrichten-Website G1 kamen in der Stadt Nova Friburgo 225 Menschen ums Leben, in Teresópolis waren es demnach 223 Tote, in Petrópolis 39 und in Sumidouro mindestens 19 Opfer. Zuvor hatten Medien von mindestens 480 Toten berichtet. Damit handele es sich um die "schlimmste Naturkatastrophe" in der Geschichte des Landes, hieß es.
Als größte Katastrophe Brasiliens galt bislang ein Erdrutsch in der Küstenstadt Caraguatatuba 1967, als unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 300 und 436 Menschen getötet wurden.
Besonders schwer betroffen ist das bergige Gebiet nördlich von Rio de Janeiro, ein insbesondere in der jetzigen heißen Jahreszeit begehrtes Ausflugsziel. Ganze Viertel in Nova Friburgo, Teresópolis und Petrópolis wurden durch Flüsse aus Schlamm und Gesteinsbrocken weggeschwemmt. Die Behörden rechneten mit weiteren Toten, da viele abgeschiedene Gebiete erst allmählich von den Rettungskräften erreicht werden konnten.
Tausende Überlebende fanden in Notaufnahmelagern Unterschlupf. Kirchen und Polizeiwachen wurden zu Leichenhäusern umfunktioniert, in der warmen Luft stand der Geruch von verwesenden Leichen. Davor spielten sich dramatische Szenen ab, während Angehörige nach Vermissten suchten.
Der 44-jährige Edmar Da Rosa berichtete in einem Lager in Teresópolis, eine Wand seines Hauses sei in dem Unwetter eingestürzt. "Meine Frau starb. Mein Enkel starb. Und die anderen sind verletzt." Der 59 Jahre alte Joao de Lima umklammerte eine Puppe und sagte: "Ich habe meine vier Töchter und alles, was ich habe, verloren."
Rousseff flog per Hubschrauber über das Gebiet und ging anschließend zu Fuß durch einige Regionen. Die Präsidentin, die erst seit Anfang des Jahres im Amt ist, zeigte sich schockiert, sprach von einem "dramatischen Moment" und versprach "starke Maßnahmen" der Regierung.
Der Staat stellte bislang umgerechnet knapp 350 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Das Gesundheitsministerium kündigte zudem an, für die Region würden sieben Tonnen medizinisches Material zur Verfügung gestellt.
Die teils spektakuläre Rettung einzelner Menschen gab aber auch immer wieder Anlass zur Hoffnung. Die Nachrichtensender zeigten am Donnerstag die Bilder einer Frau, die mit ihrem Hund im Arm auf dem Dach ihres Hauses sitzt, das von den Wassermassen mitgerissen wird.
Nachbarn aus einem höher gelegenen Haus werfen ihr ein Seil zu, an dem sie sich hochziehen kann. Sie verschwindet kurz in den reißenden Fluten, taucht dann aber wieder auf und wird von den Nachbarn gerettet. Ihren Hund konnte sie allerdings nicht in Sicherheit bringen.
Es wurde befürchtet, dass noch viel mehr Opfer entdeckt werden, denn viele Menschen werden vermisst. Das Rote Kreuz sprach von chaotischen Zuständen. Die Bergungsarbeiten wurden am Donnerstag durch anhaltende Regenfälle erschwert – und auch für die kommenden Tage sagen die Meteorologen starken Regen voraus.
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