Übernahmen: Ebay verkalkuliert sich mit Skype
Der Internetkonzern Ebay muss eine Milliarde Euro Verluste wegstecken, weil er Skype zu teuer eingekauft hat. Skype-Chef Zennstrom muss nun seinen Hut nehmen.
BERLIN taz Das Online-Auktionshaus Ebay hat sich beim Kauf des Internettelefonierers Skype verkalkuliert. Das Unternehmen rechnet mit einer außergewöhnlichen Belastung der kommenden Quartalsbilanz von 1 Milliarde Euro.
Eine wahrhaft dichte Pressemitteilung ohne die übliche Wortwatte kam am Montag aus der Ebay-Zentrale in San Jose, Kalifornien: Der Mitgründer von Skype (im Jahr 2003) und bisherige Vorstandschef Niklas Zennstrom tritt zurück. Er darf aber als einfaches Mitglied in den Aufsichtsrat wechseln. Bis ein Nachfolger gefunden ist, vertritt ihn Ebay-Vorstand Michael van Swaajj. Der Aufsichtsratschef Henry Gomez wird ebenfalls abserviert und kehrt zu Ebay zurück, als "Senior Vice President" in die Pressestelle.
Laut BBC hat auch der zweite Skype-Gründer bei Ebay, Janus Friis, seinen Job nieder gelegt. Die finanziellen Hoffnungen beim Kauf von Skype haben sich offensichtlich nicht erfüllt. 630 Millionen Euro (etwa 900 Millionen Dollar) will Ebay in seiner kommenden Bilanz für das dritte Vierteljahr abschreiben. Der Kaufpreis hatte 2005 satte 2,6 Milliarden Dollar betragen. Außerdem zahlt Ebay 350 Millionen Euro, um Ansprüche von ehemaligen Skype-Besitzern abzugelten. Denn beim Kauf hatte Ebay zugesichert, weitere 1,2 Milliarden Dollar an die Vorbesitzer zu zahlen, wenn das Geschäft gut laufen sollte.
An der Börse wurde die Nachricht gut aufgenommen, weil Ebay damit den größten Teil der Ansprüche der Skype-Alteigner los geworden ist. Eine Rolle könnte auch gespielt haben, dass die beiden dänischen Skype-Gründer Zennstrom und Friis seit 2006 nebenbei eine andere Firma betreiben, die Online-Videofirma Joost.com. Dort können User aufgezeichnete Fernsehsendungen und Videos tauschen. Am Montag hatte Joost.com seine Software öffentlich zugänglich gemacht.
Die Ebay Incorporation wurde 1995 gegründet. Vorstandschefin ist Meg Whitman. Im Jahr 2006 lag der Umsatz bei 6 Milliarden Dollar, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Der Nettogewinn stieg um vier Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar. Im zweiten Vierteljahr 2007 überstieg der Umsatz außerhalb der USA erstmals den des Heimatlandes. Der Auktionskonzern gibt 83 Millionen aktive User an; im ersten Halbjahr sank jedoch erstmals die Zahl der angebotenen Objekte.
Skype wuchs zwar laut einer Ebay-Erklärung von Mitte Juli stark und war immerhin das zweite Quartal hintereinander profitabel. Die 220 Millionen registrierte Nutzer brachten aber im zweiten Vierteljahr 2007 nur einen Umsatz von 90 Millionen Dollar. Bis sich bei solchen Summen ein Kaufpreis von 2,6 Milliarden Dollar plus milliardenschwerem Erfolgszuschlag rechnet, dauert es wesentlich länger, als selbst Internet-Investoren zugestehen.
Der Standort Deutschland in Dreilinden bei Berlin ist mit über 1.100 Mitarbeitern der zweitgrößte des Konzerns. Von hier aus werden auch diverse Länder Europas mit bedient. Ob und welche Auswirkungen die Abschreibungen auf den hiesigen Standort haben werden, konnte die Pressestelle in Dreilinden nicht beantworten. Sie verwies auf die Konzernzentrale in San Jose.
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