piwik no script img

Übermittlung von PatientendatenBundesregierung hält an Karte fest

Kassen und Ärzte streiten sich um die Realisierung, die Linke fordert ihren Stopp. Die Regierung setzt aber weiter auf die „eGK“. Eine Menge Geld ist dafür schon geflossen.

Wird die elektronische Gesundheitskarte noch mal so richtig weh tun? Bild: imago/McPhoto

BERLIN dpa | Trotz jahrelanger Verzögerungen und großer Zweifel setzt die Bundesregierung weiterhin auf die elektronische Gesundheitskarte. Sie will das Projekt auch nicht den darüber zerstrittenen Krankenkassen und Ärzten aus der Hand nehmen, geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag in Berlin vorlag.

Die Linke forderte hingegen einen Stopp der „eGK“. Die Grünen riefen die Regierung auf, angesichts von Skepsis in der Bevölkerung die Sicherheit der sensiblen Gesundheitsdaten zu gewährleisten.

Trotz massiver Auseinandersetzungen zwischen Kassen und Ärzten, die die Karte und die damit verbundene IT-Infrastruktur gemeinsam mit Kliniken, Apothekern und Industrie einführen sollen, hält die schwarz-rote Regierung an der Einführung fest. „Interessenkonflikte bei Einzelfragen sind bei einem komplexen Projekt wie dem Aufbau der Telematikinfrastruktur nicht ungewöhnlich“, schreibt das Gesundheitsministerium.

Ursprünglich sollte die eGK am 1. Januar 2006 eingeführt werden. Die Karte und die Entwicklung der nötigen Infrastruktur kosteten bisher rund 880 Millionen Euro. Frühestens ab 2018 soll es nun medizinisch sinnvolle Anwendungen wie die Übermittlung elektronischer Fallakten geben. Das unter anderem von Ärzte- und Patientenorganisationen getragene Bündnis „Stoppt die e-Card!“ hat nach eigenen Angaben bisher rund 760.000 Unterstützer.

Die Kassen hatten den Ärzten Blockade, die Mediziner den Versicherungen Versagen vorgeworfen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wirbt für ein eigenes Netz (KV-SafeNet) als Datenautobahn für die Gesundheitsdaten. Die Kassen lehnen dies ab und fordern vom Gesetzgeber Sanktionsmöglichkeiten gegen die Ärzte.

Die Regierung erteilte dieser Forderung eine Absage. Sie sehe derzeit keine Notwendigkeit für sanktionsbewehrte Termine für weitere Entwicklungsschritte der eGK. Derzeit werde von der Industrie die Erprobung für die Online-Anbindung von rund 1000 Ärzten vorbereitet. „Anschließend wird die bundesweit flächendeckende Online- Anbindung der Ärzte und Krankenhäuser starten.“

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte weitere gesetzliche Schritte nicht ausgeschlossen, um das Projekt voranzutreiben. Die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink sagte, die Regierung müsse für eine zügige und wirtschaftliche Umsetzung sorgen. Sie dürfe Störmanöver von Teilen der Ärzteschaft nicht länger hinnehmen.

Das von der KBV beworbene Parallelsystem eigne sich nicht für die Übermittlung sensibler Patientendaten, kritisierte die Grünen-Politikerin. „Hier darf die Bundesregierung nicht mehr unbeteiligt zuschauen.“ Als Konsequenz aus der NSA-Affäre müsse die Regierung sicherstellen, dass die Telematik-Infrastruktur nicht in Zweifel gezogen werden könne.

Linke-Expertin Kathrin Vogler forderte ein Ende des Projekts. „Es droht zu einem Milliardengrab zu werden, ohne dass Verbesserungen bei der Patientenversorgung absehbar wären“, sagte sie. „Wenn man merkt, dass das Pferd tot ist, sollte man lieber absteigen und gucken, dass man sich ein neues einfängt.“ Elektronische Rezepte oder Arztbriefe seien sinnvoll. Dies könne aber auch über USB-Sticks umgesetzt werden. „Damit könnte man eine technisch schlankere Lösung entwickeln, und die Patienten hätten die Kontrolle über ihre Daten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ärzte sollen lieber Geld für Patienten ausgeben! Es gab viele Skandale und die Behandlung ist nicht perfekt.

     

    Unsere Politiker sollten prüfen, ob der Datenschutz bei der Einführung der E-Karte gewehrleistet wäre.

     

    Müsste ggf. bei jedem Patienten eine Zustimmung eingeholt werden?

     

    Zudem würde es sich um eine Änderung der Geschäftsbedingungen handeln. Werden dann auch die Beiträge der Patienten gesenkt?