Über Hunde und ihre Halter*innen: Wow! Achtung, Großstadthunde
Unsere Autorin hat Angst vor Hunden. Aber das liegt nicht an den Tieren. Sondern an den Menschen, die sich Hunde halten. Eine therapeutische Kolumne.
U nd wo ich grad so schön beim Meckern bin: Es gibt außer Radfahrer*innen auf dem Gehweg noch viele andere Gründe, als Fußgängerin Angst zu haben. Es gibt ja überhaupt ziemlich viele Gründe, Angst zu haben – und ich bin immer wieder geradezu atemlos fasziniert davon, dass man heutzutage eigentlich mit jeder noch so privaten Angst an die Öffentlichkeit gehen und dort auch auf Verständnis hoffen kann.
Jahreszeitgerecht etwa die Angst davor, zum Weihnachtsfest wieder zu den Eltern fahren zu müssen, die immer noch kein tiefergehendes Verständnis dafür haben, dass man jetzt vegan isst.
(Kleiner Tipp dazu von mir als Mutter und Tochter: Fahrt einfach nicht hin! Wenn eure Eltern euch deshalb nerven, feiert Weihnachten doch einfach mit netteren Leuten.)
Sorry! Na ja, ich bin halt keine Therapeutin, ich habe aber letztens eine getroffen, die sich so nannte und die ich in dieser Profession auch nicht viel berufener fand als mich: Sie erklärte mir, während ich steif vor Angst von ihren zwei hüfthohen wuscheligen Hunden umtost wurde, nämlich, dass diese 1. nicht gefährlich seien, weil „Therapiehunde“, und ich 2. auch eben einfach keine Angst haben dürfe, denn das würden die Hunde „riechen“. Wow! Herzlichen Dank für DIE Therapie!
Nur selten Verständnis
Ja, ich habe Angst vor Hunden. Das ist ein großes Problem in Berlin! Als Fußgängerin gehe ich oft im Zickzack, weil ich wegen unangeleinter Hunde die Straßenseite wechseln muss. Ich weiche aus, denn ich weiß, dass ich den Kürzeren ziehe wie bei der Hundetherapeutin.
Anders als mit vielen anderen Ängsten stößt man mit Hundeangst leider nur selten auf Verständnis, ganz im Gegenteil: Wer keine Hunde mag, gilt als schlechter Mensch.
Dabei ist es gar nicht so, dass ich grundsätzlich keine Hunde mag (schöne Grüße an Püppi, Pelle und Sonntag!). Es sind ja vielmehr die Menschen in ihrer Begleitung in den meisten Fällen das Problem.
Kürzlich verfiel ich beim Spaziergang wieder in Angststarre, als ich hinter mir das Geräusch galoppierender Hundepfoten hörte. (Das hat auf mich denselben Effekt wie das Geräusch dieser modernen Radschaltungen in meinem Rücken: Finden Sie nicht auch, dass sich dieses metallische Klackern so anhört, als entsichere jemand ein Maschinengewehr?)
Hund an die Leine!
Glücklicherweise galoppierte der Riesenköter an mir vorbei, ich hatte deshalb den Mut, seiner menschlichen Begleiterin, die mit einem Kleinkind im Kinderwagen und einer Hundeleine um den Hals hinterherschob, zu sagen, dass sie einen Hund dieser Größe in der Stadt an ebendiese Leine nehmen müsse.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Die junge Frau geriet augenblicklich außer sich: Sie sei alleinerziehend, „in Vollzeit!“, brüllte sie mich an: Ich wisse wohl nicht, was das bedeuten würde!
Ich weiß sogar sehr gut, was das bedeutet: aus eigener Erfahrung. Aber warum das eine Begründung dafür ist, seinen Hund nicht anzuleinen, das wusste ich ehrlich gesagt tatsächlich nicht. Leider schien mir die junge Frau nicht in der geeigneten Stimmung, um sie diesbezüglich nach einer Erklärung zu fragen. Sie schob mit Kind und Kinderwagen, Hund und Hundeleine wutschnaubend ab. Nur der Hund blieb ganz ruhig: wahrscheinlich auch ein Therapiehund.Bis jetzt hat mir übrigens noch nie ein Hund etwas getan.
Seit meiner Begegnung mit der Hundetherapeutin, die ihre Hunde übrigens heute noch – vermutlich aus rein therapeutischen Gründen – auf mich hetzt, wenn sie mich zufällig irgendwo sieht, vermute ich, dass das daran liegt, dass die Hunde riechen können, dass meine Angst gar nicht so sehr ihnen gilt. Sondern mehr ihren menschlichen Begleiter*innen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell