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USA verstimmt über Afghanistans PräsidentKarsai droht die Ausladung

Karsais Kritik an der Nato-Großoffensive in Kandahar hat die USA erzürnt. Karsai sollte am 12. Mai nach Washington kommen, um Obama zu treffen. Doch dort überlegt man, ihm abzusagen.

Präsident Hamid Karsai bei einem Besuch in Kandahar Anfang April. Bild: dpa

WASHINGTON rtr | Nach den jüngsten Spannungen schließen die USA eine Absage des geplanten Treffens von US-Präsident Barack Obama mit seinem afghanischen Amtskollegen Hamid Karsai nicht mehr aus. Sollte es weitere Bemerkungen Karsais geben, werde man sicher prüfen, ob ein Treffen konstruktiv sei, sagte Robert Gibbs, Sprecher des Weißen Hauses, am Dienstag auf Nachfrage von Journalisten. Die jüngste Serie kritischer Äußerungen Karsais seien beunruhigend und irritierend. Bislang ist eine Visite Karsais für den 12. Mai am Amtssitz von Obama vorgesehen.

Karsai hatte vor wenigen Tagen auf einem Treffen mit Stammesältesten offen mit Widerstand gegen die anstehende Großoffensive der Nato in der afghanischen Taliban-Hochburg Kandahar gedroht. Demonstrativ distanzierte er sich von seinen ausländischen Verbündeten. Zuvor schon hatte er erklärt, der Westen habe seine Wiederwahl zum Präsidenten mit Bestechungen und Drohungen verhindern wollen. Westliche Staaten, insbesondere die USA, haben Karsai wiederholt vorgeworfen, Korruption und Günstlingswirtschaft zuzulassen.

Die Bundesregierung hatte am Dienstag vorerst keine Stellung zu den Spannungen beziehen wollen. Die US-Regierung hatte indes öffentlich ihr Befremden bekräftigt. Auch nach einem Telefonat zwischen US-Außenministerin Hillary Clinton mit Karsai sei der Streit über Kritik Karsais nicht ausgeräumt, hatte Gibbs erklärt. Gleichwohl halte Obama an dem für den 12. Mai geplanten Treffen mit Karsai fest, hatte er hinzugefügt.

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5 Kommentare

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  • H
    harri

    Vielleicht denkt Karsai schon intensiv über das Schicksal von Mohammed Nadschibullah nach...

  • AF
    Andreas Fuchs

    Wieso drohen die USA Karsai mit Ausladung?

    Ich denke den USA droht eine Niederlage in Afghanistan.

    Zumindest eine militärische.

    Einen politischen Erfolg haben sie ja noch nie angestrebt.

    Nun schimpfen sie auf ihren Ausgewählten:

    good muslin? bad muslim!

  • M
    mdarge

    @rugero, es geht nicht darum, ob der Krieg zu gewinnen ist, sondern um den Preis, der dafür zu Zahlen ist und darum, dass den Stammesfürsten Afghanistans, also den rechtmäßigen Vertretern der Stimme Afghanistans, dieser Preis zu hoch ist.

     

    Nach bisheriger Lesart ist es doch so. Die Taliban haben mit Gewalt die Regierung übernommen. Es handelt sich um eine Handvoll Terroristen, um "Unrechtmässige feindliche Kämpfer". Tatsächlich ist es der Aufstand ganzer Provinzen. Diese halten die Karsai-Regierung für illegal. Die NATO-Truppen gehen scheinbar ohne jede Rücksicht vor, die USA bombardiert Hochzeitsfeiern, die Bundeswehr lässt Tankzüge bombardieren und erschießt Karsais Soldaten, nur weil die gefährlich aussehen. Deshalb wechseln immer mehr Afghanen die Seite. Je mehr getötet werden, desto mehr schließen sich den Taliban an. Auf die Dauer kann das nicht erfolgreich sein.

  • M
    mdarge

    Karsai ist korrupt, aber nicht auf den Kopf gefallen. In Deutschland redet man nur von der Truppenstärke (Kosten für den Steuerzahler) und die Ausrüstung (Sicherheit für die Soldaten). Niemand wagt es, die Strategiepläne auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Seit wann gibt es denn die vielen Toten? Vornehmlich seit OEF und ISAF unter David McKiernan zusammengelegt wurden, so richtig aber erst seit Stanley A. McChrystal dort seinen Dienst tut. Der soll in den Abu-Ghuraib-Folterskandal verwickelt gewesen sein.

     

    US-Verteidigungsminister Robert Gates startet wie einst Robert McNamara. Mit Äußerster Gewalt versucht er den Gegner zu bezwingen und wir bald einsehen müssen, dass gegen die Taliban keine Helikopter mit Video-gesteuerten Kanonen helfen. Bald wird Gates überraschend empfehlen, die Truppenstärke einzufrieren, die Bombardierung Afghanistans einzustellen und den Bodenkampf den Afghanen zu überlassen - was Präsident Obama sofort zurückweisen wird. Gates wird die von ihm jahrelang verfolgte Politik als falsch erklären und seine Strategie für den Krieg sei gescheitert. Da er bisher entschlossen für den Krieg eingetritt, wird das seine Position diskreditieren und er jedwede Unterstützung verlieren. Der Rückzug wird so erst unter Obamas Nachfolger erfolgen.

  • R
    rugero

    Der arme err Kasai ist in der Zwickmühle. Als Marionette des Westens enttarnt muß er entweder gehen oder seinem Volk zeigen, daß er noch eine eigene Meinung hat. Der Mann versucht halt seinen hals zu retten.

     

    Außerdem dämmert es wahrscheinlich auch ihm, daß der Krieg der westlichen Mächte gegen die Taliban auf Dauer nicht zu gewinnen ist.

     

    Das ganze wird im Desaster enden, wie all die anderen Kriege, die die USA vom Zaume gebrochen haben, um völkerrechtswidrig, gegen die Menschenrechte und unter viel Blutvergießen "Freiheit und Demokratie" in fremde Kulturen hineinzuzwingen und nebenbei eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.