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USA streichen Bangladesch ZollvorteileEine Quittung fürs Nichtstun

Die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken des Landes sind weiter misarabel. Aber Europa hält an seinen Handelsbeziehungen fest.

Gefahr für Arbeiter: Ausgebrannte Fabrikhalle in Bangladesch. Bild: dpa

BERLIN taz | Die USA haben Bangladesch Handels- und Zollvorteile gestrichen. Das südasiatische Land unternehme zu wenig, um internationale Standards für Arbeiterrechte zu erfüllen, begründete US-Präsident Barack Obama die Maßnahme.

Beim Einsturz eines Fabrikgebäudes kamen im April in der Hauptstadt Dhaka mehr als 1.100 Menschen ums Leben. Trotz Rissen in den Wänden hatten die Fabrikbesitzer die Näherinnen gezwungen, weiter zu arbeiten. Die USA kündigten an, die Handelsvorteile, die etwa 5000 Produkte betreffen, wieder einzuführen, sollte es in Bangladesch Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen geben.

Die Kampagne für saubere Kleidung kritisierte die USA. Die Maßnahme sei verlogen, hieß es. Die wichtigsten Akteure, um Arbeiterrechte vor Ort durchzusetzen, seien nicht Staaten, sondern die Auftraggeber. Diese könnten gute Arbeitsbedingungen durchsetzen. Handelserleichterungen zu streichen, sei erst der nächste Schritt. Immerhin haben große US-Firmen wie Gap und Wal-Mart das Abkommen für höhere Sicherheit in den Fabriken noch nicht unterzeichnet.

Textilindustrie ist enorm wichtig

Für das arme Bangladesch, nach China der weltweit zweitgrößte Hersteller von Kleidung, spielt die Textilindustrie eine enorm wichtige Rolle. 82 Prozent der Exporte des Landes sind Textilien. Bereits 2009 hatte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ein Programm für bessere Arbeit in der Textil- und Bekleidungsindustrie aufgelegt. Daran nehmen teil: Kambodscha, Haiti, Indonesien, Jordanien, Lesotho, Nicaragua und Vietnam. In Bangladesch begann im vergangenen Jahr die Planungsphase für ein entsprechendes Programm.

Die Europäische Union will an ihren bestehenden Handelsbeziehungen zu Bangladesch festhalten. Dabei dränge man auf mehr Arbeitsschutz und höhere Sozialstandards, sagte ein Sprecher von EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Die EU sei dabei führend. Für Anfang Juli sei in Genf ein internationales Treffen geplant, unter anderem mit Bangladeschs Außenministerin Dipu Moni sowie ILO-und US-Vertretern.

Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), kritisierte die Bundesregierung. "Unternehmen machen Rendite auf Kosten von Menschenrechten, und Regierungen schauen weg." Die Politik dürfe nicht länger auf Freiwilligkeit setzen und den Verbrauchern die Verantwortung übertragen. "Sie muss den Druck auf Unternehmen und untätige Regierungen erhöhen, damit sich die Arbeitsbedingungen für die Menschen vor Ort dauerhaft verbessern."

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4 Kommentare

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  • I
    Irmi

    29.06.2013 11:30 UHR

    von Pippi:

     

    Man soll sich nur fair Trade Kleidung kaufen. Wer kann sich das denn leisten, als Rennter, Hartz IV ler, 1 € Jobber, oder Aufstocker. 1 Paar Turnschuhe 100 €, pot häßliche T-Shirts 50 €.

     

    Biobaumwolle ist das Grundmaterial. Schon gesehen, was Baumwollpflücker an Gehalt bekommen. Was ist daran fair ?

     

    Biosprit hergestellt auf unendlich großen Feldern was mal Urwald war, Urwald der für klitze kleines Geld gerodet wird.

     

    Urwald der gerodet wird, das Holz geht nach China, dort werden billig Möbel hergestellt. Urwald, der für die Menschen des Waldes Schutz vor Soldaten bedeutet, Nahrung und Medizin, alles genommen weil wir Europäer so geldgierig sind.

     

    Kaffee, Rosen, Handy, Mais, Palmöl, Biosprit alles auf Kosten der Menschen zu unserem Vorteil.

     

    Kakao und Schokolade, wo Kinder in Nachbarländer verschleppt werden, hart arbeiten müssen, kein oder fast kein Geld für ihre Arbeit bekommen

     

    Coltan im Kongo, da arbeiten viele Kinder tief unten, viele schon erstickt, ertrunken oder verschüttet. Sie werden geschlagen wenn sie nicht genug fördern, oder auch erschossen.

     

    Das waren nur ein paar Beispiele, wie wir die Lebensgrundlage, das Leben, das Leben der Kinder zerstören und auf Kosten vieler Länder Afrikas Milliarden Gewinne machen.

     

    Was daran ist bitte fair. Da möchte man fast fragen ist fair Trade wirklich so fair ?????

  • P
    Pippi

    Wären es doch lediglich no Name Marken die zu solchen Löhnen prodzieren!

     

    Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich fair Trade Kleidung zulegen oder direkt zum nächstmöglichen Handwerker (Schneider, Schuster... gehen)! Jedoch sollte auch dieser Fair Trade Materialien einsetzen!

  • KS
    kerhart schrödär

    Das, was "Irmi" da sagt, ist etwas, was mir sowieso bei der so schrecklich moralischen Diskussion über die Arbeitsbedingungen in Bangl. D. untergeht.

    Beispielsweise müssten die hartz4-Sätze angehoben werden, wenn miserable Arbeitsbedingungen in 3.t-Weltländern sich ändern würden. Daran hat doch aber keine Bundesregierung ein Interesse dran...!

    Deutschland auf dem Weltmarkt möglichst gut zu positionieren geht halt besser mit Billiglöhnen, mit menschen- (und tier-) unwürdigen Arbeitsplätzen in der Fleischindustrie oder Vernachlässigung in den Altenheimen, mit Arbeitsplätzen mit niedrigem Stellenschlüssel und enormem Stress, usw., usw.

    Es ist ganz einfach staatliches Kalkül, Menschen in miserablen Arbeitsbedingungen international zu lassen.

  • I
    Irmi

    Natürlich halten die an den Handelsbeziehungen fest, bekommen sie doch nirgendwo billigere Leute, die ihnen ungewollt dabei helfen sich enorm zu bereichern.

     

    Uns hier tun die Menschen leid unter solch schwierigen Bedingungen und für so wenig Geld arbeiten zu müssen. Wir denken natürlich nicht weiter darüber nach, da viele hier ja selbst so wenig Geld haben um sich normale Preise leisten zu können.