USA sprechen von Völkermord in Sudan: Genozidvorwurf gegen den Anführer der RSF-Miliz
Angehörige der aufständischen RSF-Miliz in Sudan „haben Genozid begangen“, erklärt Antony Blinken. Die USA verhängen Sanktionen gegen RSF-nahe Firmen.
Sie „ermorden systematisch Männer und Jungen – sogar Kleinkinder – auf ethnischer Basis und vergewaltigen gezielt Frauen und Mädchen bestimmter ethnischer Gruppen und verüben andere Formen brutaler sexueller Gewalt“, rechtfertigt der Außenminister die Einstufung.
Ausdrücklich betont Blinken allerdings, dass die neuen Sanktionen gegen die RSF „keine Unterstützung oder Bevorzugung“ der regulären sudanesischen Armee (SAF) darstellen. „Beide Kriegsparteien tragen die Verantwortung für die Gewalt und das Leid in Sudan und verfügen nicht über die Legitimität, ein zukünftiges friedliches Sudan zu regieren“, heißt es.
Erst im Dezember hatte der UN-Menschenrechtsrat von gezielten Bombardierungen ziviler Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern, Wohnvierteln und Märkten, von gewaltsamen Entführungen und systematischen Plünderungen von Privathäusern in Darfur berichtet. Vergewaltigungen und Zwangsarbeit seien an der Tagesordnung.
Vertreter*innen des humanitären UN-Koordinierungsbüros OCHA berichteten am Montag dem UN-Sicherheitsrat in New York von einer menschengemachten Hungerkatastrophe, die in fünf Vertriebenenlagern in Sudan grassiert. Mittlerweile sind über elf Millionen Sudanesen im eigenen Land vertrieben, über drei Millionen suchen in den umliegenden Ländern Schutz.
Die für internationale Sanktionen zuständige Behörde im US-Finanzministerium Ofac (Office of Foreign Assets Control) erließ am Dienstag entsprechend Sanktionen gegen RSF-Anführer Mohammad Hamdan Daglo Mousa, der unter seinem Kriegsnamen Hametti bekannt ist. Das bedeutet, dass er nicht mehr in die USA einreisen darf und seine Konten und Anlagen in den USA eingefroren werden.
Seit 20 Jahren in Darfur aktiv
Hametti gilt seit Jahrzehnten als brutaler Kriegsherr. Er stammt selbst aus Darfur. Zu Zeiten des Darfurkrieges vor 20 Jahren stieg er zum Anführer der arabischen Reitermilizen Janjaweed (übersetzt: Teufel auf Pferden) auf, die von seinem Onkel gegründet worden war. Diese Milizen wurden vom damaligen Diktator Omar al-Bashir angeheuert, um die nichtarabischsprachige Bevölkerung Darfurs unter Kontrolle zu bekommen, sie begingen grausame Übergriffe auf Zivilisten.
Bereits damals stand die Frage im Raum, ob die Übergriffe als Völkermord bezeichnet werden können. 2009 und 2010 erließ der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen al-Bashir, der Sudan bis 2019 regiert hatte, Haftbefehl unter anderem wegen Völkermords in Darfur. 2004 war Blinkens Vorgänger Colin Powell der erste US-Minister gewesen, der den Darfurkonflikt als Völkermord bezeichnete. Nun trifft es Bashirs damaligen Verbündeten Hametti.
Goldgeschäfte mit den Vereinigten Arabischen Emiraten
Neben Hametti sanktioniert die US-Finanzbehörde sieben Firmen, die mit der RSF Geschäfte machen und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) registriert sind. Darunter sind einige im internationalen Goldhandel tätig, andere verkaufen Waffen und Munition.
Die RSF kontrolliert im Süden und Westen Darfurs Goldminen. Deren Ausbeute wird nach Dubai ausgeflogen und dort werden Waffen eingekauft. Die Geschäftsführer der meisten der sieben Firmen sind bereits als Einzelpersonen sanktioniert. Die VAE-Regierung verneinte in der Vergangenheit vehement, der RSF Waffen zu liefern.
Noch dazu gelten die VAE als Verbündete der USA und Israel im Gazakrieg. Die Übergriffe des israelischen Militärs in Gaza haben die USA bislang nicht als Völkermord bezeichnet. Im Dezember wies Blinkens Vize Vedant Patel alle Anschuldigungen zurück, Israel begehe einen Genozid an den Palästinensern. Die Vorwürfe seien „unbegründet“, so Patel.
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