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USA-Venezuela-KonfliktMedien melden US-Angriff auf Hafenanlage in Venezuela

Laut dem Sender CNN sollen die USA erstmals ein Ziel auf dem venezolanischen Festland bombardiert haben. Präsident Trump deutete einen Drohnenangriff an.

US-Kriegsschiffe und ein F/A-18 Hornet-Kampfflugzeug Foto: U.S. Pentagon/dpa
Katharina Wojczenko

Aus Bogotá und Washington

Katharina Wojczenko und Hansjürgen Mai

Die USA sollen zum ersten Mal seit Beginn des Drogen-Konflikts mit Venezuela ein Ziel innerhalb des südamerikanischen Landes angegriffen haben. Dies berichtete der US-Nachrichtensender CNN am Montag und bezog sich dabei auf Aussagen aus Militärkreisen. Ziel des Angriffs soll laut dem Bericht eine Hafenanlage gewesen sein, die von kriminellen Organisationen zur Lagerung und Entsendung von illegalen Drogen benutzt wurde.

Der Drohnenangriff, der in diesem Monat vom amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA ausgeführt worden sein soll, stellt eine neue Eskalation des Konflikts dar, der seit Monaten schwelt.

Im September begann das US-Militär damit, mutmaßliche Drogenboote in der Karibik und im Ostpazifik anzugreifen und zu zerstören. Mehr als 100 Menschen sollen bei mindestens 30 Angriffen dieser Art bisher ums Leben gekommen sein. Am Montag bestätigte das Pentagon einen weiteren Militärschlag gegen ein angebliches Drogenboot. Zwei Menschen wurden laut dem US-Verteidigungsministerium dabei getötet.

Das Ministerium behauptete in einem Post auf X, dass mit dem Boot Drogen in die USA geschmuggelt werden sollten. Einen Beweis dafür gab es von der US-Regierung jedoch nicht. US-Präsident Donald Trump hat die Angriffe auf die angeblichen Schmugglerboote in der Vergangenheit damit gerechtfertigt, dass diese nötig seien, um den Fluss von illegalen Drogen in die USA zu stoppen. Laut dem 79-jährigen Republikaner befinden sich die USA in einem „bewaffneten Konflikt“ mit Drogenkartellen.

Anlage soll verlassen gewesen sein

Ob bei dem Drohnenangriff auf die Hafenanlage Menschen getötet oder verletzt wurden, ist offiziell nicht bekannt. Laut dem CNN-Bericht soll die Anlage zum Zeitpunkt des Angriffs allerdings verlassen gewesen sein. Der Nachrichtsender beruft sich dabei auf die Aussagen von zwei Mitgliedern der US-Sondereinsatzkräfte. Eine Sprecherin für das US-Militär dementierte jegliche Rolle der Spezialkräfte beim Drohnenangriff.

Trump selbst hatte in einem wenig beachteten Interview am Freitag angedeutet, dass es einen Angriff auf ein Ziel in Venezuela gegeben habe. Als er am Montag danach gefragt wurde, schien er zu bestätigen, dass die USA eine Hafenanlage an der Küste Venezuelas angegriffen hätten.

„Es gab eine schwere Explosion im Hafengebiet, wo die Boote mit Drogen beladen werden“, sagte Trump während eines Treffens mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Florida. Sowohl das Weiße Haus als auch das Pentagon haben bisher keine weiteren Details veröffentlicht.

Auch die venezolanische Regierung hat sich bislang nicht zu dem möglichen Angriff geäußert. Innenminister Diosdado Cabello kritisierte nur allgemein die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen. „Seit 27 Wochen herrscht imperialer Wahnsinn … Belästigungen, Drohungen, Angriffe, Verfolgungen, Diebstähle, Piraterie, Morde, und die Welt, die UNO und ihre Kumpanen schweigen, niemand sagt etwas“, erklärte er im Bundesstaat Aragua.

In Medien und sozialen Netzwerken wurde am Montag gerätselt, was genau Trump gemeint haben könnte. Ob es wirklich einen Angriff gab – und wenn ja, wo. Die weitestverbreitete These war, dass eine Explosion in einer Chemiefabrik damit gemeint sein könnte. Am 24. Dezember ereignete sich in der Fabrik von Primazol in den frühen Morgenstunden ein Brand. Das Unternehmen stellt chemische Rohstoffe für verschiedene Industriezweige her, unter anderem für den Bergbau.

In Venezuela wurde dem Brand bis Montag wenig Beachtung geschenkt. Das Unternehmen hat in einer Erklärung jeglichen Zusammenhang zurückgewiesen zwischen dem Brand, Trumps Ausführungen sowie den Versionen, die im Netz kursierten. Das Werk in Maracaibo (Bundesstaat Zulia) liegt laut der Zeitung La Jornada zudem fünf Kilometer vom Meer entfernt. Deshalb sei es fraglich, ob es dort, wie Trump behauptete, eine Anlage gab, von der aus Boote mit Drogen ausliefen, geschweige denn einen „Anlegeplatz“.

Blockade aller sanktionieren Öltanker

Der Konflikt zwischen den USA und Venezuela hat sich in den vergangenen Wochen immer weiter zugespitzt. Offiziell geht es der US-Regierung um die Eindämmung des illegalen Drogenhandels, doch sowohl der venezolanische Präsident Nicolás Maduro als auch viele Experten glauben, dass das eigentliche Ziel ein Regierungswechsel im ölreichen Land sei.

Bereits während Trumps erster Amtszeit hatte die US-Regierung versucht, Maduro abzusetzen. Damals scheiterte der Versuch, einen Gegenkandidaten zu unterstützen. Nun scheint es Trump eben erneut zu versuchen. Neben den anhaltenden Angriffen auf Boote in der Karibik und im Ostpazifik haben die USA in diesem Monat auch bereits zwei sanktionierte Öltanker beschlagnahmt. Weitere könnten folgen.

Mehrere Kongressabgeordnete, darunter auch einige Republikaner, haben das Vorgehen der US-Regierung kritisiert. Vor allem, nachdem bekannt wurde, dass beim ersten Angriff auf ein Boot im September zwei Überlebende erst durch einen zweiten Schlag getötet wurden, obwohl diese augenscheinlich keine Gefahr mehr darstellten.

Eine öffentliche Kongressanhörung zum Thema ist bislang jedoch nicht angesetzt.

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