USA MACHT TAIWAN EIN UNREDLICHES ANGEBOT: DEUTSCHE U-BOOTE: Viele Waffen für ein bisschen Frieden
Es ist vernünftig, dass US-Präsident Bush Taiwan zunächst nun doch keine hochmodernen Zerstörer liefern will. Denn das radargesteuerte Aegis-Waffensystem, das über hundert Ziele gleichzeitig bekämpfen kann, hätte die militärische Balance zugunsten Taiwans verschoben – auch wenn es erst 2010 einsetzbar sein soll. Peking hätte diese Lieferung als gezielte Provokation empfunden; es wertet Aegis als den Einstieg in ein regionales Raketenabwehrsystem (TMD) und befürchtet, Taiwan könnte sich so sicher fühlen, dass es seine Unabhängigkeit erklärt. Für diesen Fall droht China mit Krieg, was durchaus ernst zu nehmen ist. Zwar mag ein beschleunigtes Wettrüsten zwischen Taiwan und China den Profitinteressen einiger US-Rüstungskonzerne entgegenkommen. Doch kann es nicht im Sinne einer US-Außenpolitik sein, die bei der Taiwan-Frage den Status quo erhalten will.
Bushs Beschluss, Taiwan stattdessen dieselgetriebene U-Boote und ältere Zerstörer anzubieten, ist allerdings auch keine Bagatelle. Es ist das größte US-Waffenangebot der letzten zehn Jahre an Taiwan. Dass Chinas Regierung gegen diese Entscheidung gestern heftig protestierte, war daher absehbar. Peking betrachtet schließlich jede US-Waffenlieferung an Taiwan als Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten.
China hat in den letzten Jahren jährlich 50 neue Raketen aufgestellt und auf die abtrünnige Provinz gerichtet. Insofern musste es mit taiwanischen Gegenreaktionen rechnen. Washingtons jetzige „abgemilderte“ Entscheidung ist der Versuch, Taiwan zu unterstützen, ohne Peking zu provozieren. An der Rüstungsspirale dreht Washington damit trotzdem. Nach bisheriger Erfahrung werden die neuen Waffen den Frieden nur für eine begrenzte Zeit sichern können – bis Taiwan wieder eine „Nachrüstung“ wünscht.
Heikel an Bushs Entscheidung ist das Kleingedruckte – und zwar für die deutsche Bundesregierung. Denn die USA bauen gar keine eigenen dieselgetriebenen U-Boote mehr, das machen sie in deutscher oder niederländischer Lizenzproduktion. Der Bundessicherheitsrat hat jedoch deutsche U-Boot-Lieferungen an Taiwan abgelehnt. Da man davon ausgehen kann, dass die US-Regierung die Endverbleibsklauseln in den deutschen Rüstungsverträgen kennt, die Berlin ein Vetorecht beim Weiterverkauf einräumen, lässt Bushs U-Boot-Angebot nur zwei Schlüsse zu: Entweder ist das Angebot unredlich oder es nimmt die deutschen Bedenken gegen U-Boot-Lieferungen an Taiwan nicht ernst. Letzteres könnte für Berlin ein Problem werden.
SVEN HANSEN
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