USA-Besuch des Bundesinnenministers: Friedrich will Klartext reden

Friedrich reist zu Gesprächen nach Washington und fordet Aufklärung über den NSA-Skandal. Ob es die geben wird, darf bezweifelt werden.

Bundesinnenminister Friedrich will nicht länger im Dunkeln tappen. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich viel vorgenommen in den 24 Stunden, die er in Washington weilen wird. „Klartext“ wolle er reden über die Spähvorwürfe gegen die US-Geheimdienste, ließ der CSU-Politiker vor der Abreise am Donnerstag wissen.

In Berlin erwartet vor allem die Opposition ein entschiedenes Nachhaken zum Treiben der Abhörspezialisten von der National Security Agency (NSA). Jedoch darf bezweifelt werden, dass der Innenminister auf seine Fragen auch befriedigende Antworten bekommt.

Nach Ansicht von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger können sich die USA nicht aus der Verantwortung stehlen. Die Amerikaner könnten nicht versuchen, das Thema „auszusitzen, bis der Sturm der Entrüstung dann der Urlaubsruhe weicht“, sagte die FDP-Politikerin in Berlin. Der Besuch von Innenminister Friedrich in Washington sei deshalb ein bedeutendes Signal. „Es ist eine wichtige Reise“, betonte sie. „Entscheidend ist, dass klar wird: Hier wird Transparenz geschaffen, hier wird aufgeklärt.“

Das enge Verhältnis zu den USA hat nach Ansicht der Ministerin durch die Spähaffäre gelitten: „Gerade unter Freunden muss man auch offen sagen: Da hat es einen Vertrauensverlust gegeben.“ Es müsse nun ein Anliegen der Amerikaner sein, Vertrauen wiederherzustellen.

Geheimdienstgeflecht aus 16 Behörden

Das Geheimdienstgeflecht der USA umfasst 16 verschiedene Behörden, deren Fäden bei Geheimdienstkoordinator James Clapper zusammenlaufen. Ob Friedrich sich mit Clapper trifft war allerdings ebenso unklar wie das Zustandekommen eines Gesprächs mit NSA-Chef Keith Alexander.

Immerhin sind im Besuchsprogramm für Freitag Unterredungen mit US-Justizminister Eric Holder und der Anti-Terror-Beraterin von Präsident Barack Obama, Lisa Monaco, vorgesehen.

Im Interview mit „Spiegel Online“ kündigte Friedrich an, er wolle seinen US-Kollegen klarmachen, dass die Affäre für Deutschland „sehr ernst“ sei und das „erschütterte Vertrauen“ wieder hergestellt werden müsse. „Unter Freunden muss man Klartext reden können“, sagte er. „Dazu gehört, dass für uns eine flächendeckende Überwachung aller Kommunikationsinhalte keinesfalls verhältnismäßig ist.“

Ausgelöst wurde die Empörung durch die vom flüchtigen früheren Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden lancierten Enthüllungen. Internetnutzer erfuhren, dass die NSA offenbar systematisch ihre Daten überwacht.

Besonders im Visier sei Deutschland, das sich gerne als einer der engsten Verbündeten Washingtons betrachtet, von den US-Geheimdiensten nach Informationen des „Spiegel“ aber nur als „Partner dritter Klasse“ geführt wird. Öl ins Feuer gossen Vorwürfe, die NSA habe Einrichtungen der EU und mehrerer Mitgliedstaaten verwanzt.

Am Mittwoch hatte bereits eine deutsche Regierungsdelegation Gespräche in Washington aufgenommen; ihr gehören Vertreter der Ministerien für Inneres und Justiz, des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Bundesamts für Verfassungsschutz an. Nach seiner Ankunft am Donnerstag will sich Friedrich von ihnen auf den neuesten Stand bringen lassen, ehe er in die Treffen mit den US-Verantwortlichen geht.

Friedrich verlangt Fairness

Der Innenminister verlangte vor seiner Reise aber auch mehr Fairness gegenüber den USA. „Ohne die Hinweise der USA und die gute Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten hätten wir höchstwahrscheinlich Terroranschläge in Deutschland nicht verhindern können“, sagte er zu „Spiegel Online“.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte in der „Zeit“, die Gespräche in einem Geist zu führen, „der bei allen mehr als berechtigten Fragen nie vergisst, dass Amerika unser treuester Verbündeter in all den Jahrzehnten war und ist“. Der Einsatz von Nachrichtendiensten sei „für die Sicherheit der Bürger immer unerlässlich und wird es auch in Zukunft sein“.

Ähnliche Töne schlägt Obamas Regierung an, wenn sie zum Spähskandal Stellung nimmt. Washington scheint aber verstanden zu haben, dass die Verbündeten in Europa nachhaltig verstimmt sind. Aus dem Weißen Haus heißt es, dass Obama die Angelegenheit sehr ernst nehme. Sofort nach der Rückkehr von seiner Afrika-Reise griff der Präsident vergangene Woche zum Telefon und rief Merkel an.

Dieses Verständnis bedeutet jedoch nicht, dass die USA nun bereitwillig den Schleier der Geheimdienste lüften werden. Friedrichs Aufklärungsmission sei „eher symbolisch“, meint Steve Szabo, Direktor des Washingtoner Think-Tanks Transatlantic Academy.

Das gelte ebenfalls für die Geheimdienstgespräche zwischen den USA und der EU, die am Montag parallel zum Beginn der Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen abgehalten wurden. „Alle müssen der Öffentlichkeit zeigen, dass sie etwas tun und Druck auf die Amerikaner ausüben.“

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