US-Truppe im entmilitarisierten Costa Rica: Blanko-Scheck zur Invasion
Die Regierung erlaubt die Präsenz von US-Truppen in costaricanischen Gewässern und im Luftraum. Angeblich sollen sie bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels helfen.
SAN SALVADOR taz | Über 60 Jahre lang hat sich Costa Rica gerühmt, eines der friedlichsten Länder der Welt zu sein. 1948 wurde die Armee abgeschafft, das kleine Land in Zentralamerika war entmilitarisierte Zone. Das wird jetzt anders: Das Parlament hat mit den Stimmen der regierenden National-liberalen Partei (PLN) und der rechten "Libertären Erneuerungsbewegung Costa Ricas" (RC) ein Dekret verabschiedet, das die massive Präsenz von US-Truppen in costaricanischen Gewässern und im Luftraum erlaubt. 46 Kriegsschiffe, 7.000 Marines, 200 Helikopter und 10 Kampfflugzeuge vom Typ AV-8B Harrier dürfen sich im Hoheitsgebiet des Landes tummeln. Ihr abgeblicher Auftrag: die Bekämpfung des Drogenhandels und ein bisschen humanitäre Hilfe. Die Erlaubnis gilt zunächst für sechs Monate.
Seit die Armee Costa Ricas am 1. Dezember 1948 abgeschafft und das auch in der Verfassung verankert wurde, gab es - abgesehen von illegalen Lagern der rechten nicaraguanischen Contra in den 80er-Jahren - keine Militärs im Land. Das Dekret, das nun der US-Armee Eintritt verschafft, wird deshalb von der Opposition als Einladung zur Besetzung verstanden: "Das ist ein Blankoscheck", sagt Luis Fishman von der konservativen "Sozial-christlichen Einheit" (PUSC). Die linke "Partei der Bürgeraktion" (PAC) spricht von einer "Invasion in die nationale Souveränität". Beide Parteien haben eine Verfassungsklage angekündigt.
Bereits seit 1999 gibt es ein Abkommen über gemeinsame Patrouillen der zur Polizei gehörenden Küstenwache Costa Ricas mit US-amerikanischen Drogenfahndern. Das Kommando haben die Costaricaner. Die Hoheitsgewässer des kleinen Landes werden von den Schnellbooten kolumbianischer Kokainkartelle auf ihrem Weg nach Mexiko und in die Vereinigten Staaten genutzt, der Luftraum wird von den kleinen Propellermaschinen der Drogenkuriere gekreuzt. Die Opposition hat nichts gegen diese gemeinsamen Patrouillen. Jetzt aber gehe es um eine massive Streitmacht, mit Flugzeugträgern und allem Drum und Dran.
Mit demselben Argument der Bekämpfung des Drogenhandels haben die USA im vergangenen Jahr mit Kolumbien ein Abkommen über die Nutzung von sieben Militärbasen des südamerikanischen Landes abgeschlossen. Das benachbarte linksregierte Venezuela verstand diesen Vertrag als direkte Bedrohung und zog seinen Botschafter aus Bogotá zurück. Es folgte eine andauernde politische Verstimmung zwischen den Nachbarländern. Die Militärpräsenz in Costa Rica dürfte weiter für Unruhe in den zentralamerikanischen Ländern sorgen, vor allem im direkten Nachbarland Nicaragua, das über das Wirtschaftsbündnis Alba politisch eng mit Venezuela verbandelt ist.
Die Alba-Mitglieder sehen in der US-Militärpräsenz zur angeblichen Bekämpfung des Drogenhandels einen Vorwand. Das eigentliche Ziel sei die Durchsetzung der politischen und wirtschaftlichen Interessen Washingtons in Lateinamerika. Präsident Barack Obama unterscheide sich da nicht von seinem Vorgänger George W. Bush. Erst in der vergangenen Woche hatte der von Militärs gestürzte frühere Präsident von Honduras Manuel Zelaya gesagt, der Putsch gegen ihn sei von US-Militärs ausgeheckt worden. Das Außenministerium in Washington wies diese Erklärung als "lächerlich" zurück.
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