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US-Sportler gegen Donald Trump„Das ist Bullshit, absoluter Bullshit“

Von Donald Trumps Einreiseverbot ist der US-Sport auf vielfältige Weise betroffen. Athleten und Funktionäre äußern öffentliche Kritik.

Als Kind aus dem Sudan geflüchtet, heute ein NBA-Allstar: Luol Deng Foto: ap

New York taz | Der vergangene Samstag war kein ruhiger Tag im Weißen Haus, die Telefonzentrale wird alle Hände voll damit zu tun gehabt haben, die zahllosen aufgeregten Anrufer zu beschwichtigen. Von Gouverneuren und Bürgermeistern bis hin zu Flughafenverwaltungen und Arbeitgebern gestrandeter Reisender wollte jeder wissen, wie es denn jetzt genau weitergehen soll nach der Anordnung des Präsidenten, die Grenzen für Ankömmlinge aus sieben vorwiegend muslimischen Ländern dicht zu machen.

Zu den Anrufern gehörten auch hochrangige amerikanische Sportoffizielle, wie etwa Lawrence Probst, Direktor des Nationalen Olympischen Komitees, Sunil Gulata, Vorsitzender des US-Fußballverbandes sowie Marc Lesry, Besitzer des NBA-Clubs Milwaukee Bucks. Doch natürlich hatte die Trump-Regierung für sie genauso wenig Antworten wie für die anderen. So weit hatte Trump bei der Formulierung seiner Anordnung nicht gedacht.

Das war unglücklich, denn wie in vielen anderen Bereichen hat Trumps Order im Sport weitreichende Konsequenzen. Und wie in vielen anderen Bereichen ist der neue oberste Befehlshaber dabei, durch seinen martialischen Aktivismus Chaos anzurichten.

Die unmittelbarste Frage betraf zwei sudanesischstämmige NBA-Spieler, Thon Maker und Luol Deng. Maker, der für die Milwaukee Bucks spielt, besitzt einen australischen Pass, Deng, der als Forward bei den Los Angeles Lakers spielt, hat britische Papiere. Die Familien beider Spieler waren vor dem Bürgerkrieg aus dem Sudan geflohen. Trotz ihrer Staatsangehörigkeit war dem Trump-Dekret nicht zu entnehmen, wie mit ihnen verfahren wird. Immerhin konnte Maker nach einem Spiel in Toronto am Samstag unbehelligt mit seiner Mannschaft wieder in die USA einreisen. Wie es weitergeht, steht jedoch in den Sternen.

Auch die Fußball-Liga MLS hat zwei Athleten, die betroffen sind. Steve Betashur vom FC Toronto stammt aus dem Iran, Justin Meram von den Columbus Crew ist Mitglied der irakischen Nationalmannschaft. Beide trauen sich vorerst nicht, das Land zu verlassen.

Iranisch-Amerikanische Ringerfreundschaft

Nicht nur sie waren verunsichert. Christina Kelley vom Ringerverband war eine der ersten Anruferinnen im Weißen Haus. Die US-Ringer sollen im Februar zu einem Turnier in den Iran fliegen. Der iranische und der amerikanische Ringerverband unterhalten seit langer Zeit enge Beziehungen und gelten als Muster einer Sportdiplomatie, die unterhalb der politischen Ebene die bilateralen Beziehungen stärkt und die Kommunikationskanäle zwischen den Nationen offen hält.

Die Fragen des Sports an Trump gehen weiter, zumal der isländische Taekwondo-Kämpfer Meisam Rafiei wegen seiner iranischen Wurzeln nicht zu den US Open reisen durfte. Auch das amerikanische NOK macht sich große Sorgen, was Trumps Präsidentschaft und sein Regierungsstil für die Olympiabewerbung von Los Angeles für 2024 bedeutet. David Wallechinsky, amerikanisches IOC-Mitglied, sagte der New York Times, dass er in Lausanne derzeit viele bohrende Fragen beantworten muss. „Es ist kein tödlicher Schlag für unsere Bewerbung, aber doch ein schwerer Schlag.“

Ähnliche Sorgen machen sich die US-Fußballer, die gerne gemeinsam mit Mexiko die WM 2026 ausrichten würden. Angesichts der nunmehr angespannten Beziehungen zu Mexiko sei das ein „diffiziles“ Projekt, wie Verbandspräsident Sunil Gulati es diplomatisch ausdrückte.

Von Trumps Edikt betroffen war auch der somalischstämmige Läufer Mo Farah, zweifacher Goldmedaillengewinner von Rio. Farah ist Brite, er lebt und trainiert in den USA, seine Kinder wachsen hier auf. In einem aufgebrachten Facebook-Post reagierte Farah gleich am Samstag auf den Bann für Muslime aus seiner Heimat: „Wie soll ich meinen Kindern erklären, dass ihr Vater vielleicht nicht heimkommen kann? Großbritannien hat mich aufgenommen und mir erlaubt meine Träume zu verwirklichen. Meine Geschichte ist ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man eine Politik der Mitmenschlichkeit verfolgt und nicht eine des Hasses und der Furcht.“

Eine solche Politik verkörperte bis vor Kurzem auch noch die US-Regierung. Es ist erst Wochen her, dass Barack Obama die Fechterin Ibtihaj Muhammad im Weißen Haus empfing, die für die USA in Rio mit ihrem Hijab angetreten war. Obama fand, dass Muhammad eine formidable Werbung für ein tolerantes, multikulturelles Amerika sei.

Sport nur als Vehikel für nationalen Stolz

Der neue Präsident, das steht zu befürchten, will zwar sicherlich weiterhin, dass Amerika im Sport gewinnt – schließlich hat er in seiner Amtsantrittsrede mehr als einmal von „America First“ gesprochen. Doch für den lebenslangen Fan seines Heimatbaseball-Teams, der New York Yankees, dürfte Sport wenig mehr sein als ein Vehikel für lokalen oder nationalen Stolz.

Doch ein nationalistisches Einigeln des US-Sports ist kaum mehr möglich – die USA sind tief im globalisierten Sportgeschäft vernetzt. Internationalität und Multikulti sind ein Fakt – die US-Sportligen gehören zu den erfolgreichsten globalen Sportmarken. Und so mangelte es in den vergangenen Tagen auch nicht an kritischen Stimmen aus dem US-Sport, der sich in den vergangenen Monaten immer stärker politisch einzumischen traute. „Die Freiheit packt gerade ein“, ließ der ehemalige NBA-Star Steve Nash, selbst Kanadier, auf Twitter wissen. NBA-Star Kyle Lowry schimpfte: „Das ist Bullshit. Absoluter Bullshit. Unser Land steht für Freiheit“, sagte der Point Guard von den Toronto Raptors.

Klare Worte fand auch Michael Bradley, der Kapitän des US-Fußballnationalteams, der sich im November noch dafür ausgesprochen hatte, dem neuen Präsidenten eine Chance zu geben: „Ich hatte gehofft, dass die fremdenfeindliche, frauenfeindliche und narzisstische Rhetorik aufhört, wenn er im Amt ist. Ich habe mich leider getäuscht. Ich bin heute als Amerikaner traurig und beschämt.“ Damit sprach er wohl Millionen von Amerikanern aus der Seele.

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1 Kommentar

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  • Steve Betashur vom FC Toronto, dürfte wohl eher nicht im Land bleiben müssen, da Toronto ja in Kanada liegt, wie es aber im Bezug auf Reisen zu Spielen in der MLS in die USA aussieht ist eine andere Frage.