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US-Repräsentantenhaus sucht SprecherWeiter Chaos bei Republikanern

Rechtsaußen-Republikaner Jim Jordan hat beim zweiten Versuch, Sprecher des Repräsentantenhauses zu werden, sogar noch eine Stimme weniger bekommen.

Scheitert auch im zweiten Wahlgang: der Rechtsaußen-Republikaner Jim Jordan (mitte)

Washington afp | Der erzkonservative US-Republikaner Jim Jordan ist bei der Wahl eines neuen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses auch im zweiten Wahlgang gescheitert. Der Vertraute von Ex-Präsident Donald Trump kam am Mittwoch auf 199 Stimmen und verfehlte damit erneut die notwendige Mehrheit von 217 Stimmen. 22 Republikaner verweigerten dem rechten Hardliner die Unterstützung, die 212 Abgeordneten der Demokraten votierten geschlossen für ihren Fraktionschef Hakeem Jeffries.

Beim ersten Wahlgang am Dienstag hatte Jordan, der bei moderaten Republikanern auf große Vorbehalte stößt, 200 Stimmen erhalten. Der derzeitige Vorsitzende des Justizausschusses der Kammer setzte dann auf eine weitere Abstimmung, um den Widerstand seiner parteiinternen Gegner zu brechen. „Wir haben heute eine Chance, dieses Chaos und diese Unsicherheit zu beenden“, sagte sein Parteifreund Tom Cole vor dem Votum.

Jordan scheiterte nun aber erneut bei seinem Versuch, in das dritthöchste Staatsamt in den USA gewählt zu werden – und schnitt noch schlechter ab als im ersten Wahlgang. Unklar war zunächst, ob der von Trump unterstützte Kandidat auf einen dritten Wahlgang besteht oder das Handtuch wirft. Für den Mittwoch wurde keine weitere Abstimmung angesetzt, am Donnerstag könnte es aber eine neue Wahlrunde geben.

Damit verlängert sich die bereits seit mehr als zwei Wochen andauernde Blockade des Repräsentantenhauses. Der bisherige Vorsitzende Kevin McCarthy war am 3. Oktober im Zuge einer Revolte rechter Hardliner der eigenen Partei abgesetzt worden. Es war die erste Absetzung eines Repräsentantenhaus-Vorsitzenden in der US-Geschichte. Die Republikaner-Fraktion nominierte in der Folge ihren Mehrheitsführer Steve Scalise als Nachfolger. Dieser zog seine Kandidatur aber zurück, als klar wurde, dass er im Plenum nicht die notwendige Mehrheit erhalten würde. Die Fraktion schickte daraufhin den Hardliner Jordan ins Rennen, der Scalise zuvor parteiintern unterlegen war.

Ausweg Interims-Speaker McHenry?

Das Chaos bei den Republikanern hat weitreichende Folgen: Ohne Vorsitzenden ist das Repräsentantenhaus weitgehend gelähmt. Damit kann der Kongress unter anderem keine weiteren Militärhilfen für das von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas überfallene Israel und die von Russland angegriffene Ukraine beschließen. Den USA droht zudem Mitte November ohne Lösung im Haushaltsstreit ein sogenannter Shutdown.

Abgeordnete erwägen deswegen, den derzeit geschäftsführenden Vorsitzenden Patrick McHenry mit mehr Befugnissen auszustatten. Dieser könnte dann Gesetzestexte einbringen – unter anderem solche mit neuen Hilfen für Israel und die Ukraine. US-Präsident Joe Biden hatte am Mittwoch bei einem Besuch in Tel Aviv angekündigt, er wolle den Kongress „diese Woche“ um umfassende Militärhilfen für das von der Hamas angegriffene Israel ersuchen.

Jordan sitzt seit 2007 im Repräsentantenhaus und gehört zu den Gründern der einflussreichen rechten Parlamentariergruppe Freedom Caucus. Der Abgeordnete aus dem Bundesstaat Ohio stand lange Zeit am rechten Rand der Republikaner, wurde im Laufe der Jahre aber zunehmend zu einer zentralen Figur der nach rechts gerückten Partei.

Seit Jahren ist der Abtreibungsgegner und Verfechter des Rechts auf Waffenbesitz auch ein glühender Anhänger und Verteidiger von Donald Trump. Als Trump sich nach der Präsidentschaftswahl 2020 weigerte, seine Niederlage gegen Biden anzuerkennen, hatte er mit Jordan einen loyalen Mitstreiter. Die Demokraten machen den Abgeordneten deswegen für den Angriff auf den Kongress vom 6. Januar 2021 mitverantwortlich.

Seit Januar sitzt Jordan dem mächtigen Justizausschuss des Repräsentantenhauses vor. Er gehört zu den Antreibern eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Biden wegen des Vorwurfs, in umstrittene Auslandsgeschäfte seines Sohnes Hunter Biden verwickelt zu sein.

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