US-Reaktion auf die Iran-Wahlen: Erstmal abwarten
Die Ereignisse im Iran könnten Obamas Iran-Politik der ausgestreckten Hand gefährden. Aber im Moment ist die US-Regierung zur Untätigkeit verdammt.
WASHINGTON taz | Während aus einigen westlichen Hauptstädten Kritik und Besorgnis über die Unruhen im Iran zu hören sind, gab US-Vizepräsident Joe Biden am Sonntag für die US-Regierung eine andere Devise aus. Sie lautet "Abwarten und Schauen". Man bemüht sich demonstrativ darum, keine vorschnellen Schlüsse aus den Ereignissen im Iran zu ziehen und versucht unbedingt den Eindruck zu vermeiden, bei der Opposition um Mir Hussein Mussawi könne es sich um Gefolgsleute der USA handeln.
Gleichwohl äußerte Biden Zweifel daran, ob bei der Wahl alles mit rechten Dingen zuging. "Klar, es sieht aus als ob sie die Redefreiheit unterdrücken, so wie sie die Massenproteste unterdrücken", sagte er in einem Fernsehinterview und betonte, dass es viele Fragen hinsichtlich des Ergebnisses gebe.
Präsident Barack Obama hatte zuvor mit der jahrzehntelang grimmig verfolgten Isolationspolitik gegenüber dem Iran gebrochen. Bereits im Wahlkampf hatte er angekündigt, dass er der iranischen Führung ohne Vorbedingungen Gespräche anbieten werde. Nach seiner Wahl bekräftigte Obama diese Absicht, auch wenn er sich etwas vorsichtiger ausdrückte. In den USA musste sich Obama daraufhin den Vorwurf gefallen lassen, naiv und Israel gegenüber illoyal zu sein. Unmut erregte ebenso Obamas Rede an die muslimische Welt, in der dem Iran das Recht auf ein ziviles Atomprogramm eingeräumt hatte.
Kommentatoren bezweifeln, dass Obama, der die US-Beziehungen zum Nahen Osten versachlichen möchte, nach den Prügelbildern aus Teheran seiner Politik der ausgestreckten Hand einfach so fortsetzen kann. Setzt sich in Washington die Einschätzung durch, dass die Wahl ein Betrug ist, wird der Druck aus beiden Parteien auf Obama steigen, wieder eine härtere Politik einzuschlagen.
Derzeit ist die USA zur Untätigkeit verdammt, denn in dieser Situation gibt es nichts, das sie tun könnte, um die Lage zu entspannen. Die abwartende Haltung der US-Regierung deutet darauf hin, dass man sich dort darauf einstellt, dass es bei der Wahl in Teheran nicht mit rechten Dingen zuging - und man es auch in Zukunft mit einem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu tun haben wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers