US-Raketenstationierung: Polen setzt auf USA
Nachdem sich die USA und Polen lange nicht einigen konnten, gibt es nun bald die erste amerikanische Militärbasis in einem russischen Nachbarland. Russland reagiert mit Drohungen.
Dass sich Polen und die USA so schnell auf die Errichtung eines US-Raketen-Abwehrschilds auf polnischem Boden einigen konnten, hatte niemand erwartet. Doch am Donnerstagabend verkündete Polens liberalkonservativer Ministerpräsident Donald Tusk überraschend, dass man sich geeinigt habe und die Amerikaner den polnischen Wunsch nach Patriot-Raketen erfüllen würden. Obwohl Tusk Russland mit keinem Wort erwähnte, war klar, welches Land er mit "Aggressor" oder "Drittstaat" meinte. Zudem hätten die USA zugestimmt, in Polen eine Militärbasis mit zunächst 200 Soldaten einzurichten, an deren Kosten sich Polen beteiligen werde.
Russland, das seit Beginn der Verhandlungen im Jahr 2005 immer wieder vehement gegen den Raketenabwehrschild protestiert hatte, sagte zunächst den für Anfang September geplanten Besuch von Außenminister Sergei Lawrow in Warschau ab. Am Freitag dann drohte der russische General Anatoli Nogowizyn unverhohlen mit Vergeltungsmaßnahmen. Dieser Schritt könne "nicht ungestraft bleiben", zitierte die Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Generalstabschef. Der ehemalige Warschauer-Pakt-Staat Polen setze sich mit diesem Abkommen der Gefahr eines Angriffs aus. Schon vor Wochen hatte Russland angekündigt, man werde auf einen Raketenschild mit der Stationierung von Atomraketen in Weißrussland reagieren und diese auf Polen und Westeuropa ausrichten.
Stets hatte die US-Regierung das mehrfach unterbreitete russische Angebot abgelehnt, die in den GUS-Staaten existierenden Anlagen zur Abwehr von Langstreckenraketen zu nutzen und gegebenenfalls zu modernisieren. Dies verstärkte in Moskau den Verdacht, dass der Raketenabwehrschild nicht nur reinen Verteidigungszwecken dienen soll. "In Anbetracht des Inhalts und der Eile wird ein weiteres Mal deutlich, dass das Vorhaben in keiner Verbindung zur Bedrohung durch iranische Raketen steht, sondern gegen Russland gerichtet ist", sagte nun ein hoher Vertreter des Außenministeriums.
Zwar beteuern Politiker in Polen und den USA, dass der Georgienkonflikt bei dem nun erzielten Abkommen keine Rolle gespielt habe. Vielmehr soll das Abwehrsystem Europa und die USA vor Raketenangriffen von "Schurkenstaaten" wie dem Iran und Nordkorea schützen. Doch Tusks Fernsehauftritt lässt eben doch an den Krieg im Kaukasus denken. Die Nato reagiere viel zu langsam, was auch der Georgienkrieg gezeigt habe, meinte der Ministerpräsident. Polen fühle sich durch die Nato nicht ausreichend geschützt. "Es ist nicht gut, wenn die Hilfe Tote erreicht. Polen will in Bündnissen sein, in denen die Hilfe in den ersten Stunden eines jeden möglichen Konflikts kommt." Diese Sicherheit könnten nur die USA bieten. Daher haben man in den Vertrag eine gegenseitige Bestandspflicht aufgenommen, die vom ersten Tag eines Angriffs an gelte.
Noch seien technische Detailfragen zu klären. Zu ihnen gehörten auch die "weiteren Waffensysteme", mit denen Polen in den kommenden Jahren seine Armee modernisieren könne. Polen werde künftig ganz mit amerikanischer Militärtechnik operieren. Der nationalkonservative Präsident Lech Kaczynski hatte bereits vor wenigen Tagen auf einer Kundgebung in Tiflis den versammelten 70.000 Georgiern zugerufen: "Wir wissen, dass heute Georgien dran ist, morgen die Ukraine, dann die baltischen Staaten und schließlich mein Land - Polen. Aber wir fürchten uns nicht. Wir sind gekommen, um den Kampf aufzunehmen."
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