US-Profi-Sportler gegen Trump: „Vor den Bus gestoßen“

Donald Trump gilt als Affront gegen die multikulturelle Welt der amerikanischen Profiligen. Kein Team will ihn im Weißen Haus besuchen.

Zwei Menschen sitzen in Eishockey-Trikots auf der Tribüne, einer hat eine Maske auf, die aussieht, wie das Gesicht von Donald Trump und hält ein Blatt Papier in der Hand

Verrohung der Gesellschaft: Ein Fan möchte den US-Eishockey-Coach John Tortorella so feuern, wie Donald Trump es vormacht Foto: ap

Zwei Besuchergruppen waren am Donnerstag im Weißen Haus. Die eine, Donald Trump und seine Entourage, übernimmt bald den Laden. Die andere, die Cleveland Cavaliers, Meister der Profibasketballliga NBA, könnte für die nächsten vier Jahre der letzte Gast aus dem Bereich des amerikanischen Profisports gewesen sein, der den Amtssitz des US-Präsidenten besucht hat.

Das zumindest ist die Prognose von Jalen Rose, Ex-NBA-Profi und Experte des Fernsehsenders ESPN. „Was wir gerade im Profisport erleben“, sagte Rose mit Blick auf die NBA und die Footballliga NFL, „ist, dass etliche Spieler sich weigern werden, unter seiner Präsidentschaft die Einladung ins Weiße Haus anzunehmen.“

Rose steht mit der Vermutung nicht alleine. Richard Jefferson von den Cavaliers, teilte auf Snapchat kurz vor dem Besuch bei Noch-Präsident Barack Obama mit, wie stolz er war, „zum letzten Team zu gehören, dass das Weiße Haus besucht“.

Schwarze Athleten in den USA sind seit einigen Jahren politisiert. Gegen rassistische Polizeigewalt waren die ganz Großen der Sportwelt aufgestanden. „I can’t breathe“ stand im Dezember 2014 auf den T-Shirts, mit denen das fast komplette Team der Los Angeles Lakers um NBA-Superstar Kobe Bryant auflief, um an den von einem Polizisten getöteten schwarzen Jugendlichen Eric Garner zu erinnern. Auch andere Stars der NBA wie LeBron James, Amare Stoudemire oder Derrick Rose hatten sich solidarisiert. Berühmt auch die Geste von Tennisspielerin Serena Williams nach ihrem diesjährigen Wimbledon-Sieg. Sie zeigte die geballte Faust, eine Hommage an die Black-Panther-Bewegung, deren berühmtester medialer Auftritt bei einem Sportereignis stattgefunden hatte: die Siegerehrung im 200-Meter-Lauf bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko. Tommy Smith und John Carlos hatten die Bühne für ihren Protest genutzt.

Jalen Rose, NBA-Experte

„Etliche Spieler werden sich weigern, zu Trump ins Weiße Haus zu kommen“

Zu den Ikonen schwarzen Sportlerprotests gehört der Basketballer Kareem Abdul-Jabbar. Der 69-Jährige führt bis zum heutigen Tag die NBA-Punkterangliste an, und sein Wort gilt auch in politischen Fragen. In der Washington Post meldete er sich nach Trumps Wahlsieg zu Wort: In den letzten Jahren hätten viele schwarze Amerikaner geglaubt, dass nun das Problem des Rassismus angegangen würde. „Aber diese Hoffnung hat getäuscht“, müsse man nach Trumps Wahl sagen.

„Wir sollten niemanden mehr belehren“

Noch deutlicher drückt sich David West aus, Profi beim NBA-Klub San Antonio Spurs: „Diese ganzen Märchen über Postrassismus“, schimpft er, „dieses Utopia, das von Obama geschaffen wurde, das ist doch Scheiße.“ Nach Trumps Wahl ist West zutiefst enttäuscht. „Es gibt keine Möglichkeit, diese offensichtliche Wahrheit zu leugnen“, sagte er über Donald Trump: „Dass er nämlich für die Mehrheit der Menschen dieser Nation spricht. Seine Haltung gegenüber schwarzen und muslimischen Menschen, über Frauen, über fast jede Gruppe, die dir einfällt – die Menschen stimmen ihm zu.“

Abschied von Amerika. Unsere Autorin hat die Präsidentschaft Obamas als Korrespondentin begleitet. Jetzt war sie dabei, als sein Nachfolger gewählt wurde. Was sich im Land verändert hat und wie es nun weitergeht, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 12./13. November 2016. Außerdem: Der ARD-„Tatort“ erlebt seine 1.000 Aufführung. Warum ist er so erfolgreich? Und: Wenn der Feminismus „cool“ wird. Unterwegs mit drei Expertinnen. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Die schwarzen US-Sportler, sehr viele Einkommensmillionäre, sind so aktiv und so empört wie nie. Das liegt nicht – zumindest nicht nur – an dem Umstand, dass die meisten aus den sogenannten kleinen Verhältnissen stammen, aus der Working Class. Jetzt sehen sie auch das in Frage gestellt, was sie sich erarbeitet haben: ihre Rolle in der Gesellschaft. Von einer Haltung, mit der das NBA-Idol Michael Jordan einmal seine politische Enthaltsamkeit begründete – „Auch Republikaner kaufen Turnschuhe“ –, sind sie weit weg.

J.R. Smith von den Cavaliers postete ein Foto seiner Tochter und fragte, wie er sie „noch zum Spielen mit anderen Kindern schicken kann, wenn deren Eltern für einen rassistischen sexistischen Menschen gestimmt haben? Wenn ich nicht weiß, was sie da erwartet?“ Auch Carmelo Anthony von den New York Knicks berichtet, dass seine Kinder Angst haben. „Du kannst die Nervosität hören.“

Unterstützung erhalten die empörten Profis von einigen Trainern, die – auch das ein Ausdruck von noch lange nicht erfüllter Gleichberechtigung – meist weiß sind. Gregg Popovich von den San Antonio Spurs thematisiert das. Er erklärte: „Es ist für viele weiße Menschen schwierig, das Alltagsgefühl zu verstehen, mit dem viele Schwarze umzugehen haben.“ Sein Kollege Steve Kerr, Chefcoach der Golden State Warriors, sagt: „Vielleicht hätten wir es in den letzten zehn Jahren kommen sehen müssen“. Es sei eine beispiellose Verrohung in der Gesellschaft, „wenn Menschen Millionen Dollar dafür erhalten, dass sie sich im Fernsehen gegenseitig anschreien – ob das im Sport oder in Politik oder in der Unterhaltung ist. Ich glaube, es war nur eine Frage der Zeit, dass das auch in die Politik kam.“

Steve Van Gundy, Trainer der Detroit Pistons, sagt zu Wahl: „Damit haben wir gerade einen guten Teil unserer Bevölkerung vor den Bus gestoßen.“ Und: „Was wir den Minderheiten angetan haben, ist jämmerlich.“ Die USA sollten sich mit einem Präsidenten Trump künftig in allen Fragen der Menschenrechte zurückhalten: „Wir sollten unser Maul halten und zur Kenntnis nehmen, dass wir vom Rest der Welt etwas zu lernen haben. Wir sollten niemanden mehr belehren.“

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