US-Präsidentschaftswahl 2024: Die Mikrofone bleiben zu
Donald Trump und Kamala Harris haben sich auf die Regeln für ihre erste TV-Debatte geeinigt. Auch diesmal kann niemand den anderen unterbrechen.
Zuvor hatte ABC die Regeln für das mit Spannung erwartete erste Fernsehduell zwischen Trump und Harris veröffentlicht. Vorausgegangen war ein Streit über die Mikrofone. Konkret ging es um die Frage, ob diese stumm geschaltet werden, wenn der politische Gegner spricht. Hier scheint es nun eine Einigung zu geben: So sollen während des TV-Duells am 10. September die Mikrofone desjenigen, der gerade nicht spricht, stummgeschaltet werden.
Dabei hat nun offenbar Harris klein beigegeben. Ein Sprecher des Wahlkampfteams der Demokratin hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass man es bevorzuge, dass die Mikrofone beider Kandidaten während der gesamten Übertragung angeschaltet blieben. „Wir gehen davon aus, dass Trumps Berater das stumme Mikrofon bevorzugen, weil sie nicht glauben, dass ihr Kandidat sich 90 Minuten lang präsidial verhalten kann“, hieß es in einem Statement. Harris schrieb am Wochenende: „Lassen Sie uns auf transparente Weise debattieren – mit den Mikrofonen die ganze Zeit über.“
Trump dürfte aus dem TV-Duell mit dem damaligen demokratischen Präsidentschaftsbewerber, US-Präsident Joe Biden, im Juni gelernt haben. Damals waren die Mikrofone desjenigen, der gerade nicht sprach, stummgeschaltet. Die Stummschaltung soll Berichten zufolge auf Bidens Team zurückgegangen sein. Damit hätten die Demokraten verhindern wollen, dass Trump den 81 Jahre alten Demokraten ständig unterbreche. Nach der Debatte kamen Beobachter aber zu dem Schluss, dass Trump die stumm geschalteten Mikros eher geholfen hätten, weil der 78-Jährige so kontrollierter gewirkt habe. Bidens Auftritt hingegen war ein Desaster – und hatte seinen Rückzug aus dem Rennen zur Folge.
Stift, Papier, Wasser – sonst nichts
Trump hatte sich darüber aufgeregt, dass Harris diese Regeln nun ändern wollte und indirekt damit gedroht, die ganze TV-Debatte abzublasen. Die damalige Debatte zwischen Trump und Biden wurde vom als liberal geltenden US-Sender CNN ausgerichtet, nun ist ABC an der Reihe. Trump nannte den Sender im Gespräch mit Hannity „unehrlich“ und verwies auf eine Freundschaft zwischen Harris und einer Managerin des Senders. Der Republikaner sagte, er habe nur zugestimmt, weil Harris' Team auf den Sender bestanden habe. Der 78-Jährige hatte der Debatte bereits vor Monaten zugestimmt, damals war Biden noch im Rennen.
ABC kündigte nun an, dass die Debatte 90 Minuten dauern werde, zwei Werbepausen seien geplant. Es soll keine Eröffnungsstatements geben, die Schlusserklärungen der Kandidaten sollen zwei Minuten dauern. „Requisiten oder vorformulierte Notizen sind auf der Bühne nicht erlaubt“, teilte ABC weiter mit. Harris und Trump würden einen Stift, einen Block Papier und eine Flasche Wasser erhalten. Trump behauptete nun in der Sendung bei Fox News, dass Harris gefordert habe, Notizen mit in das Duell nehmen zu dürfen.
Bei Trumps Gespräch mit Hannity am Mittwochabend (Ortszeit) handelte es sich um eine sogenannte Townhall. Bei einem solchen Format sind auch Fragen aus dem Publikum zugelassen. In der rund einstündigen Sendung auf Fox News, die im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania aufgezeichnet wurde, kam aber kein Zuschauer zu Wort. The Hill berichtete, entsprechende Zuschauerfragen an Trump sollten am Donnerstag ausgestrahlt werden.
In der Sendung am Mittwoch lobte Hannity den republikanischen Kandidaten über den grünen Klee. Er sagte etwa: „Sie haben einen hohen Preis dafür gezahlt, dass Sie in die politische Arena eingestiegen sind.“ Trump würde von der Justiz verfolgt, obwohl er sich eigentlich ein schönes Leben machen könnte, sagte Hannity.
Fox News war eine Zeit lang etwas von Trump abgerückt – und unterstützte eher den damaligen republikanischen Präsidentschaftsbewerber Ron DeSantis. Mittlerweile steht der Sender aber wieder eisern hinter Trump. Bisher ist nicht geplant, dass Fox News eine TV-Debatte im Wahlkampf ausrichtet – auch wenn Trump das immer wieder ins Spiel gebracht hat. Es könnte durchaus sein, dass die Debatte auf ABC die einzige zwischen Trump und Harris bleiben wird. Nach Bidens Ausstieg aus dem Rennen war der ganze Plan für die eigentlich ausgehandelten TV-Debatten über den Haufen geworfen worden.
Bei der Präsidentenwahl am 5. November läuft es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harris und Trump hinaus, in Umfragen liegen sie etwa gleichauf. Der geringe Abstand zwischen beiden Kandidaten liegt im Bereich der Fehlertoleranz. Allerdings hat das Rennen mit Harris' Übernahme der Kandidatur neuen Schwung gewonnen. Trump hatte der Wechsel bei den Demokraten augenscheinlich etwas unvermittelt getroffen – er schien sich auf seinen politischen Erzfeind Biden eingeschossen zu haben und arbeitet nun an einer neuen Strategie. Er wirft Harris vor, eine radikale Linke zu sein.
Am Mittwochabend (Ortszeit) meldete sich eine altbekannte Trump-Kritikerin zu Wort: Die Republikanerin Liz Cheney kündigte an, bei der Wahl für Harris stimmen zu wollen. Die Ansage ist keine wirkliche Überraschung. Dass eingefleischte Republikaner aber öffentlich dazu aufrufen, Demokraten zu wählen, ist schon sehr ungewöhnlich. Gleichzeitig freute Trump sich darüber, dass der Bruder des demokratischen Vizekandidaten Tim Walz sich kritisch über diesen geäußert hatte. Entsprechende Facebook-Posts von Jeff Walz hatten zuletzt für Aufmerksamkeit gesorgt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin