US-Gouverneur inhaftiert: Der Postenverschacherer von Illinois
Als Gouverneur von Illinois ist es Rod R. Blagojevichs Aufgabe, einen Nachfolger für Barack Obama im Senat zu bestimmen. Dafür wollte er einen Millionenbetrag kassieren.
Mit dem frei gewordenen Sitz Barack Obamas im Senat von Illinois wollte Rod R. Blagojevich so richtig Geld machen. Doch genau deshalb wurde der demokratische Gouverneur von Illinois, der laut Gesetz allein über Obamas Nachfolge zu entscheiden gehabt hätte, am Dienstagmorgen vom FBI verhaftet worden.
Blagojevich wurde 1956 in Chicago geboren. Sein Vater, Radisa Blagojevich, war ein serbischer Einwanderer und Stahlarbeiter. Bereits als Kind hat Blagojevich gearbeitet, um seine Familie zu unterstützen. Um seine College-Ausbildung zu finanzieren, arbeitete er als Tellerwäscher. 1983 machte er an der Pepperdine University School of Law einen Abschluss in Jura. Nach verschiedenen politischen Ämtern, unter anderem im Repräsentantenhaus, wurde er 2002 und 2006 zum Gouverneur von Illinois gewählt. Nachdem sein Vorgänger wegen Betrugs zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, versprach er, seinem Amt wieder Integrität zu verleihen. 6 Jahre später setzte er dem Treiben seines Vorgängers noch eins drauf und seinen eigenen Ambitionen auf das Präsidentenamt 2016 selbst ein Ende.
Das FBI hatte Blagojevichs Telefon im vergangenen Monat abgehört. In den mitgeschnittenen Gesprächen diskutierte der 51-Jährige mit seinen Beratern verschiedene Entlohnungsmodelle im Gegenzug für den Senatssitz Obamas. Vom "Kandidaten Nummer fünf" für den Senatssitz, den er nicht namentlich nannte, erwartete er "some money, up front", also Geld im Voraus, namentlich 500.000 Dollar. Und jemand anderes würde noch mal eine Million Dollar drauflegen, wenn Nummer fünf Senator würde. Und wenn Blagojevich nicht bekäme, was er wolle, dann würde er den freien Platz im Senat eben einfach selbst einnehmen.
Auch unliebsame Stimmen aus der Presse versuchte Blagojevich zum Schweigen bringen. Der Tribune Company, der die Zeitung Chicago Tribune gehört und die am Montag Konkurs anmeldete, wollte Blagojevich nur staatliche Unterstützung zukommen lassen, wenn einige ihrer Redakteure entlassen würden, die Blagojevich kritisiert hatten.
Aufregung und Spott erregte der Gouverneur bereits im Mai 2005, als er eine umstrittene Entscheidung mit den Worten kommentierte, er habe eben die männliche Potenz ("testicular virility"), die einen Mann in Führungspositionen von einem Jungen unterscheide.
Blagojevichs erste Reaktion auf den Anruf des FBI am Dienstagmorgen, der ihm mitteilte, dass dessen Agenten vor seiner Tür auf ihn warteten, war: "Soll das ein Witz sein?" Im Fall eines Schuldspruchs warten auf ihn bis zu 20 Jahre Haft.
FRAUKE BÖGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann