US-Demokraten nach der Wahl: Kein „weiter so“, aber wie dann?

Die Demokraten streiten nach ihrer Niederlage über den künftigen Kurs und darüber, wer nun die wichtigsten Posten in der Partei bekommt.

Die amerikanische Demokraten-Politikerin Nancy Pelosi

Muss um ihren Posten fürchten: Nancy Pelosi, ist seit 14 Jahren Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus Foto: dpa

BERLIN taz | Eigentlich wollte die Demokratenfraktion im Repräsentantenhaus am Donnerstag ihren Vorsitz wählen. Doch die Wahl wurde auf den 30. November verschoben. Hintergrund ist ein Richtungsstreit über die Konsequenzen aus der Wahlniederlage Hillary Clintons von Dienstag vergangener Woche.

Nancy Pelosi, die die Fraktion seit 14 Jahren leitet, stammt aus einem der reichsten kalifornischen Wahlbezirke – und nach dieser Wahl, bei der die weiße Arbeiterschicht eine so große Rolle gespielt hatte, scheint Pelosi nun einen Gegenkandidaten zu haben.

Der 43-jährige Abgeordnete Tim Ryan aus Ohio vertritt genau jene weißen Wähler aus dem sogenannten „Rostgürtel“, deren Verlust die Demokraten die Präsidentschaftswahl gekostet hat. Die Demokraten „brauchen jemanden wie mich, der Wähler und Freunde hat, die in der Stahlindustrie oder auf dem Bau arbeiten“, sagte Ryan einer Lokalzeitung. Eindeutig erklärte er seine Kandidatur allerdings bislang nicht.

Als Chef der Senatsfraktion wurde wie erwartet am Mittwoch der New Yorker Senator Charles Schumer gewählt. Er tritt die Nachfolge von Harry Reid aus Nevada an, der nicht wieder für einen Sitz kandidiert hatte. Schumers Wahl, vor Monaten ausgemacht, hatte niemand in Frage gestellt – obwohl Schumer als Wall-Street-naher New Yorker durchaus Angriffspunkte bietet. Neu in den Vorsitz aufgenommen wurde allerdings Bernie Sanders, der weiterhin seinen Senatorenposten aus Vermont innehat.

Wer auf der Seite von Bernie Sanders steht

Umstritten ist auch die Wahl eines neuen Parteivorstands der Demokraten (Democratic National Committee, DNC). Die derzeitige Interimschefin Donna Brazile ist eingesprungen, nachdem zu Beginn von Clintons Nominierungsparteitag Ende Juli bekannt geworden war, mit welchen teils schmutzigen Tricks das DNC die Kandidatur des linken Bernie Sanders in den Vorwahlen unterminiert hatte. DNC-Chefin Debbie Wasserman Schultz hatte daraufhin zurücktreten müssen.

Derzeit sind mehrere Kandidaten im Gespräch, zwei stehen konkret zur Wahl: der ehemalige Parteichef Howard Dean, der die Partei schon von 2005 bis 2009 führte, und Keith Ellison, ein Vertrauter von Bernie Sanders und Vizechef der „Progressiven Parlamentariergruppe“. Ellison war 2006 der erste Muslim, der je in den US-Kongress gewählt wurde – und der erste schwarze Abgeordnete aus Minnesota. Er hat die Unterstützung von Sanders, Schumer und der in der Parteilinken populären Senatorin Elisabeth Warren. Wann gewählt wird, ist noch unklar.

Konstruktiv sein im Senat oder Obstruktion wie bisher die Republikaner?

Im Senat geht es derzeit eher um strategische Fragen. Die 48 oppositionellen Senatoren könnten ihre Sperrminorität nutzen, um alle Gesetze und Nominierungen Trumps lange zu blockieren – Obstruktion, wie es die Republikaner während Obamas gesamter Amtszeit praktiziert haben. Genau das fordert etwa der Filmemacher Michael Moore, der durch seine korrekte Voraussage eines Trump-Siegs wieder viel Aufmerksamkeit genießt.

2018 geht es um sehr viel

Oder sie könnten mit den neuen Präsidenten für jene von dessen Vorschlägen stimmen – von Infrastrukturinvestitionen bis Kinderbetreuung –, mit denen der bei den Wählern gepunktet hatte, die in der Vergangenheit aber von Republikanern stets abgelehnt worden waren. Der Streit ist offen.

Sicher ist, dass die Demokraten keine großen Fehler machen dürfen. 25 der 33 bei den nächsten Kongresswahlen 2018 neu zu wählenden Senatssitze werden derzeit von Demokraten gehalten. Hinzugewinnen können sie kaum etwas – verlieren jedoch sehr viel. Und mit einer 60-Stimmen-Mehrheit der Republikaner wäre auch die Sperrminorität weg. Dann wird es richtig bitter.

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