US-Demokraten erreichen Mehrheit: Demokraten erobern 60. Sitz im Senat

Die US- Demokraten erreichen fast acht Monate nach der Wahl eine Mehrheit im Senat - indem das Oberste Gericht von Minnesota den demokratischen Kandidaten Al Franken zum Sieger erklärt.

Der ehemalige TV-Comedy-Star und Bush-Kritiker Franken hat bei der Abstimmung am 4. November 2008 312 Stimmen mehr bekommen als der republikanische Amtsinhaber. Bild: dpa

WASHINGTON taz | Es war eine der längsten Nachzählungen eines Wahlergebnises in der US-Geschichte: Nach acht Monaten und 20.000 Seiten juristischer Stellungnahmen wurde am Dienstag Al Franken zum Senator des Bundesstaates Minnesota erklärt. Zuvor hatte sein Gegner, Norm Coleman, ein Republikaner, der den Senatssitz eine Legislaturperiode lang innehatte, seine Niederlage erklärt. Colemann hatte das knappe Stimmergebnis angefochten. Das Oberste Gericht Minnesotas entschied, dass Franken bei 2,9 Millionen abgegebenen Stimmen 312 mehr habe als Coleman.

Selten wurde ein Parteigenosse so sehnsüchtig erwartet wie Franken. Mit ihm verfügen die Demokraten im Senat nun über genau 60 Sitze in der 100-Senatoren-Kammer und über eine Vetosichere Mehrheit. Damit sind die Demokraten in beiden Häusern des Kongresses so stark wie seit 1978 nicht mehr. Diese Mehrheit ist für die Demokraten nötig, um sogenannte Filibuster zu unterbinden und Abstimmungen im Senat zu erzwingen. Bei einem Filibuster versucht ein Gegner eines Gesetzentwurfs, diesen zu blockieren, indem er stundenlang von seinem Rederecht Gebrauch macht. Doch, so warnen Beobachter, ein Durchregieren bleibt für US-Präsident Barack Obama weiterhin nur Theorie.

Mehrheitsführer Harry Reid dämpfte denn auch gleich die Erwartungen. "Die Demokraten werden ihre Agenda nicht einfach durchdrücken können", erklärte Reids Sprecher Jim Manley. Die Zusammenarbeit mit den Republikanern sei weiter von entscheidender Bedeutung. Deren Vorsitzender Mitch McConnel hatte bereits im April, als der republikanische Senator Arlen Specter zu den Demokraten übergewechselt war, vor einer "Ein-Parteien-Herrschaft" gewarnt.

Die 60 Stimmen, zu denen zwei unabhängige Senatoren gerechnet werden, sind eine wackelige Angelegenheit. Zwei Senatoren, Robert Byrd und der Krebskranke Edward Kennedy, nahmen aus gesundheitlichen Gründen bislang selten an Senatsabstimmungen teil. Außerdem haben einige konservative Demokraten schon bewiesen, dass sie von Parteidisziplin nicht viel halten. Sie stimmten mehrmals gegen Obamas Konjunkturpaket. Auch Franken machte in der Sieger-Pressekonferenz vor seinem Haus klar, dass er nicht vor habe lediglich die Nr. 60 zu werden. Die liberalen Parteigenossen hatten für Al Franken einige Ausschusssitze reserviert, unter anderem einen Stuhl im Ausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten, welcher gerade dabei ist, die von Obama angekündigte historische Reform des US-Gesundheitssystems auszuarbeiten.

Als nächstes Großprojekt auf Obamas Agenda für den Herbst steht die ideologische Schlacht um die Gesundheitsversorgung der US-Bürger - und Franken ist mittendrin. Zudem bekäme Franken gleich einen Logensitz im anstehenden Sommerstreit um die Nominierung von Sonia Sotomayor, Obamas liberaler Kandidatin für den Obersten Gerichtshof. Auch bei der anstehenden Klimagesetzgebung entscheidet jede einzelne Stimme über Erfolg oder Misserfolg von Obamas Emissionshandelsgesetz. Der US-Präsident begrüßte Franken denn auch mit den Worten, er freue sich darauf, gemeinsam an der Senkung der Gesundheitskosten sowie an der Schaffung neuer grüner Jobs zu arbeiten.

Die Republikaner nutzten Frankens späten Wahlsieg zum Angriff. "Mit dieser Supermehrheit ist die Ära der Ausreden und des Finger-zeigens vorbei", warnte der texanische Senator John Cornyn. Er und andere riefen die Republikaner angesichts der demokratischen Übermacht in dramatischen Worten zu mehr Geschlossenheit auf.

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