US-College-Basketball: Altmodische Rituale
Die University of North Carolina ist mal wieder favorisiert, wenn es um den Titel des besten Teams im College-Basketball geht.
Auch in Amerika gilt der Gregorianische Kalender. Eine an sich überflüssige Information, die dieser Tage aber doch einige Relevanz erfährt. Denn obwohl der April begonnen hat, ist in den USA immer noch die sogenannte "March Madness" in vollem Gange. Das traditionell im März ausgespielte NCAA-Turnier kulminiert am kommenden Wochenende im Final Four der besten College-Basketball-Mannschaften des Landes. In San Antonio spielen die Teams von North Carolina, Kansas, Memphis und UCLA den Titel aus.
Jeweils 45.000 werden im Alamodome beim samstäglichen Halbfinale und dem Endspiel am Montag live dabei sein, Millionen vor den Fernsehschirmen sitzen, auch wenn sich diesmal die vier topgesetzten Mannschaften in den bisherigen K.-o.-Runden durchgesetzt haben und der quotenträchtige Siegeszug eines Außenseiterteams ausgeblieben ist. Nur die Super Bowl mobilisiert die amerikanischen Fans in vergleichbarem Maße. Die Anhängerschaft rührt meist noch aus Studienzeiten her und wird bei weitem fanatischer empfunden als die zu Profi-Mannschaften. Außerdem: Auch wenn die großen Universitäten mittlerweile Millionen mit ihren Basketball-Teams verdienen, spielen die jungen Athleten doch nicht für Geld - jedenfalls nicht offiziell -, sondern für ein Stipendium und die Ehre. Nur den wenigsten winkt ein Profi-Vertrag, für die allermeisten bleibt eine Final-Four-Teilnahme der Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn.
Ein hervorragendes Beispiel für diesen zwar altmodischen, aber auch im Millionengeschäft College-Basketball noch anzutreffenden Geist ist Tyler Hansbrough. Der Flügelspieler der University of North Carolina wurde von Sports Illustrated erst kürzlich zum College-Spieler des Jahres gekürt. Dabei gelten vor allem seine Einstellung und sein Kampfgeist als vorbildlich. Fast schon eine Ikone der UNC-Fans wurde ein Foto des 22-Jährigen, das ihn blutüberstömt und mit Wattestopfen in der Nase zeigt: Gegen den Erzrivalen Duke hatte Hansbrough bei einem absichtlichen Foul seines Gegenspielers einen Nasenbeinbruch erlitten und tapfer trotzdem weitergespielt.
Doch "Tyler ist nicht mal der talentierteste Spieler in meiner Mannschaft", sagt sein eigener Trainer Roy Williams, "aber keiner sonst hat so ein großes Herz." Zwar verbindet Hansbourgh die Fähigkeit, seinen bulligen Körper unter dem Korb einzusetzen, mit einem gewissen Grad an spielerischer Finesse, aber die Experten sind der Meinung, dass er bereits am oberen Limit seiner Möglichkeiten angekommen ist. Bei den Profi-Teams stehen Kämpfer wie Hansbourgh eh nicht allzu hoch im Kurs, kommen sie doch über die Rolle als austauschbare Ergänzungsspieler selten hinaus. Scouts prophezeien, dass mindestens 15 andere Spieler beim Draft vor ihm ausgewählt würden, sollte Hansbrough sich dazu entscheiden, dieses Jahr bereits Profi werden zu wollen.
Doch das hat Hansbrough eh nicht vor. "Ich liebe das College", sagt er, "einfach hier zu sein und mit meinen Kumpels abzuhängen." An seiner Universität ist Hansbrough ein Star, in einem NBA-Team wäre er nur ein Mitläufer. Deshalb hat er den Mietvertrag für seine Studentenbude, die er sich mit zwei Mannschaftskollegen teilt, bereits um ein weiters Jahr verlängert. Allein der Titelgewinn könnte ihn dazu bringen, sein letztes Jahr auf der Uni sausen zu lassen und als Profi anzuheuern. Was soll schon noch kommen, nach so einer College-Meisterschaft? Für die NBA-Meisterschaft jedenfalls wurde bislang noch nie die Zeitrechnung ausgesetzt.
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