US-Basketball: Das Fenster schließt sich
Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks leisten sich einen Fehlstart in die NBA-Saison. Es droht die Gefahr, dass sie im Mittelmaß versinken.
Wenn die Dallas Mavericks auf ein Team wie die Los Angeles Lakers oder San Antonio treffen, dann bezeichnen manche Medien das Match noch als "Topspiel". Okay, die Lakers erfüllen diesen Anspruch. Aber die Mavericks durchleben zu Saisonbeginn eine handfeste Krise. Bei den bis dato erfolglosen Clippers, dem anderen Team aus L.A., konnte man nicht gewinnen, obwohl Dirk Nowitzki, der deutsche Spitzenspieler der Mavs, vor der Partie orakelte: "Das Spiel sollten wir eigentlich gewinnen." Bereits im ersten Viertel der Begegnung stolperten die Mavericks - und der 30-jährige Forward im wahren Sinne des Wortes. Als Nowitzki nach einem Ball hechtete, stürzte er auf einen kleinen Jungen, der das Spiel von ganz vorne beobachten durfte. Auch wenn der Würzburger sofort nachfragte, ob alles okay sei und zu trösten versuchte - seine 111 Kilogramm hinterließen so manchen blauen Fleck beim jungen Fan.
Angeknockt ist auch der geneigte Mavs-Anhänger, wenn er derzeit auf die Tabelle blickt. Trotz 33 Punkten des Deutschen hieß es am Ende 92:103 aus Sicht der Texaner. Nach sechs Spielen kann man gerade einmal zwei Siege vorweisen. "Wir versuchen immer noch herauszufinden, mit welcher Formation wir am besten spielen", sagte Coach Rick Carlisle, nachdem man vor einer Woche noch gegen die San Antonio Spurs mit 98:81 gewinnen konnte.
Nowitzki selbst hat einen eher geringen Anteil an der derzeitigen Situation, mit durchschnittlich 25 Punkten pro Spiel trifft er so häufig wie zuletzt vor drei Jahren. Damals erreichten die Texaner die NBA-Finals, in denen sie den Miami Heat nach zwei Siegen zu Beginn in der Serie noch mit 2:4 unterlagen. "Zwei oder drei Wochen lang" musste Nationalspieler Nowitzki seinerzeit die herbe Niederlage nach eigener Aussage verarbeiten. In den letzten beiden Jahren strich man sogar schon - trotz teilweise überragender regulärer Spielzeiten - in der ersten Playoff-Runde die Segel. Aber diesmal sieht gar nichts nach einem erfolgreichen Jahr für die Mannschaft des Internet-Milliardärs Mark Cuban aus - selbst bei wohlwollender Betrachtung. Teams wie die New Orleans Hornets, die Los Angeles Lakers oder die Utah Jazz haben Dallas längst als Topmannschaft im Westen abgelöst, das Banner "Titelkandidat" wurde den Mavs entrissen.
In einer fast panischen Reaktion holte man Mitte der letzten Saison Star-Guard Jason Kidd in den Kader, einen der besten Aufbauspieler der NBA-Geschichte. Dessen persönliche Statistiken sind zwar noch immer gehobene Mittelklasse, doch dem mittlerweile 35-Jährigen merkt man sein Alter zunehmend an. Das von Erfolgsdruck getriebene Tauschgeschäft mit den New Jersey Nets, die im Gegenzug für den hoch bezahlten Altstar den jungen Guard Devin Harris bekamen, wird dem Team nun eventuell zum Verhängnis. Eine Frischzellenkur ist schwer zu vollziehen, denn außer Topspieler Nowitzki ist kein Akteur für ein anderes Team attraktiv. "Wir werden Dirk nicht eintauschen", betont Mavs-Boss Cuban immer wieder. Doch der Exzentriker ist bekannt dafür, eher unberechenbar zu sein. Nowitzki sucht in dieser Saison ob mangelnder Unterstützung vermehrt den eigenen Abschluss, wirft pro Spiel dreimal häufiger auf den Korb als in den vergangenen Jahren.
Trotz der "Dirk-Show" ist es ein kapitaler Fehlstart des Teams. "Wir haben noch eine Menge zu tun", stöhnt der neue Coach Carlisle, der im Sommer auf Avery Johnson folgte, just in einer Situation, in der man in den Vorbereitungsspielen nur bedingt konstante Leistungen zeigte. "Unser Zeitfenster schließt sich langsam", konstatiert Nowitzki jetzt. Ein nächstes "Topspiel" mit Beteiligung der Dallas Mavericks rückt wohl in weite Ferne.
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