US-Basketball-Liga NBA: Der durch die Wand geht
Chris Paul hat die New Orleans Hornets zu einer großen Nummer in der NBA gemacht. Dirk Nowitzki und seine Dallas Mavericks wirken zum Playoff-Auftakt ein bisschen hilflos.
NEW YORK taz Dirk Nowitzki und seine Dallas Mavericks waren heilfroh, als sie Mitte der vergangenen Woche wieder von New Orleans nach Texas fahren durften. Zu Hause, das betonte Dirk Nowitzki bei einer Pressekonferenz am Mittwoch beschwörend immer wieder, werde bestimmt alles besser. Schließlich hätten die Mavericks in Dallas zum letzten Mal vor zehn Jahren gegen die Hornets aus der noch immer von Hurrikan Katrina gezeichneten Stadt verloren. In New Orleans verloren die Mavs jedoch zweimal hintereinander - und das haushoch. 104:92 ging die erste Partie der Erstrunden-Play-off-Serie in der US-Basketball-Liga NBA aus, 127:103 die zweite am Dienstagabend. "Wir sind ausgespielt, ausgetrickst und niedergekämpft worden", sagte Maverick Jason Terry danach deprimiert.
Die Mavericks hatten vor dem dritten Match der Best-of-Seven-Serie den Zauber des Heimvorteils dringend nötig (das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor). Auf dem Parkett der New Orleans Arena hatten sie gegen die Hornets völlig ratlos gewirkt. Im ersten Spiel versuchten sie erfolglos mit Mehrfachdeckungen den erst 22 Jahre jungen Point Guard der Hornets, Chris Paul, kaltzustellen. Paul warf trotzdem 32 Punkte. In der zweiten Partie versuchten sie daraufhin wiederum erfolglos, Paul zu isolieren und seine Mitspieler auszuschalten. Doch wie sie es auch drehten und wendeten - die Mavericks fanden keine Lösung für das Problem Chris Paul. Der machte erneut 32 Punkte, zudem brachte er 17 Assists an den Mann.
Der nur 1,83 Meter kleine Paul, der erst in seiner dritten Profi-Saison Basketball spielt, mausert sich mit dieser Play-off-Leistung zum Superstar der NBA. Unter den Basketball-Experten und Kommentatoren wurde er in der vergangenen Woche zum Topfavoriten um die Auszeichnung der wertvollsten Spielers der Liga (MVP) erkoren. "Er tut Dinge, die eigentlich nicht möglich sind", schrieb Rob Peterson auf NBA.com. "Er ist wie eine Comicfigur, die einfach durch feste Gegenstände durchgeht. Ich habe so etwas noch nie gesehen." Zweifach-MVP Steve Nash von den Phoenix Suns, mit dem Paul oft verglichen wird, stimmte zu: "Paul ist definitiv an der Spitze der Liste."
Am beeindruckendsten an Paul ist allerdings nicht einmal sein überragendes Talent. Noch erstaunlicher ist, wie souverän er mit seinen 22 Jahren sein Team durch schwere Zeiten an die Spitze der Liga geführt hat. Noch zu Beginn der Saison sah es äußerst trübe aus für die Hornets. Sie waren gerade erst nach Katrina aus ihrem zeitweiligen Exil in Oklahoma City nach New Orleans zurückgekehrt und hatten dort weder eine Fan-Basis noch eine intakte lokale Wirtschaft, die eine Profimannschaft tragen kann. Zu den ersten Spielen kamen im Schnitt gerade einmal 9.000 Zuschauer.
Hornets-Besitzer George Shinn wusste, dass es schwer werden würde, in New Orleans wieder Fuß zu fassen, und knüpfte seine Rückkehr deshalb an mehrere Bedingungen: zum Einen an eine sieben Millionen-Dollar-Subvention durch den Staat Louisiana; zum anderen daran, dass die Hornets bis zum Saisonende im Schnitt mehr als 14.735 Zuschauer in die New-Orleans-Arena locken. Das schien zunächst utopisch - doch dank Chris Paul hatten die Hornets die Marke schon kurz vor Beginn der Play-off-Saison erreicht. Und nicht nur das - Paul hat in der geschundenen Stadt eine wahre Welle der Basketball-Begeisterung ausgelöst. Für die kommende Saison haben alleine in der vergangenen Woche 1.500 neue Fans Dauerkarten gelöst, im Fanshop, dem "Hornets-Nest", brechen Chris-Paul-Trikots täglich neue Verkaufsrekorde. Die Sportbars, in denen bislang nur Football und Baseball zu sehen waren, haben erweiterte Kabelpakete gekauft, weil die Kunden Hornets-Spiele verlangten.
Die Quelle von Chris Pauls Stärke scheint indes zu sein, dass er sich über all das, was er bewirkt, nicht allzu viele Gedanken macht: "Ich gehe auf den Platz, versuche Spaß zu haben und hoffe, dass sich alles andere von alleine regelt." Das Grübeln über seinen Erfolg und seine Leistung überlässt er anderen. Dirk Nowitzki und den Dallas Mavericks zum Beispiel.
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