UN-Studie zu asiatischen Männern: Jeder vierte Mann ist Vergewaltiger
Eine Befragung von über 10.000 Männern in 6 asiatischen Staaten zeigt eine hohe Zahl an Vergewaltigungen – in- und außerhalb der Ehe.
BERLIN taz/dpa/afp | Parallel zum Urteil im Aufsehen erregenden Vergewaltigungsfall in Indien schlägt eine gemeinsame Studie im Auftrag verschiedener UN-Agenturen Alarm: Demnach hat fast jeder vierte Mann in der Asien-Pazifik-Region schon einmal eine Frau vergewaltigt.
Das ist das Ergebnis einer meist persönlichen Befragung von 10.178 Männern in neun Regionen von sechs asiatisch-pazfischen Ländern. Die Ergebnisse der Studie wurden am Dienstag in der britischen Medizinzeitschrift The Lancet online veröffentlicht.
Elf Prozent der Befragten gaben demnach an, bereits eine Frau gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben, die nicht ihre Partnerin war. Wird die Vergewaltigung von Ehefrauen und Lebenspartnerinnen hinzugezählt, stieg der Anteil der Männer, die schon einmal eine Frau vergewaltigt haben, laut der Studie auf 24 Prozent.
Von männlichen Interviewern waren von Januar 2011 bis Dezember 2012 Männer im Alter von 18 bis 49 Jahren in Bangladesch, China, Indonesien, Kambodscha, Papua-Neuguinea und Sri Lanka interviewt worden. Den Befragten war Anonymität zugesichert worden. In den Fragen wurde das Wort Vergewaltigung nicht benutzt, sondern es wurde nach erzwungenem Sexualverkehr gefragt. Die Untersuchung selbst wurde als Studie zu Familien und Gesundheit bezeichnet.
Begründung: „Recht“ auf Vergewaltigung
45 Prozent der Männer, die bei der Befragung eine Vergewaltigung einräumten, gaben an, mehr als eine Frau vergewaltigt zu haben. Befragt nach den Gründen der Vergewaltigungen gaben 73 Prozent der Befragten an, das sei quasi ihr Recht. 59 Prozent sagten, sie hätten es zur eigenen Unterhaltung getan („Mir war langweilig“), 38 Prozent aus Ärger oder zur Bestrafung.
27 Prozent gaben an, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss vergewaltigt zu haben. Nur 55 Prozent hatten anschließend ein schlechtes Gewissen. Von denjenigen, die gegenüber Ermittlern eine Vergewaltigung eingeräumt hatten, mussten nur knapp ein Drittel ins Gefängnis.
Die Ergebnisse fallen je nach Region unterschiedlich aus. Am erschreckendsten sind die Zahlen auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Bougainville. Zum einen ist das Gewaltniveau in Papua außergewöhnlich hoch, zum anderen tobte in Bougainville bis Ende der 90er Jahre ein Bürgerkrieg. 27 Prozent der Befragten dort sagten, sie hätten schon andere als ihre Partnerinnen vergewaltigt.
Männer, die als Kind sexuell missbraucht worden waren oder sexuelle Gewalt gegenüber ihrer Mutter miterlebt hatten, gaben häufiger an, selbst eine Frau vergewaltigt zu haben. Gleiches gilt für Männer, die ihre Frauen schlugen, in kriminellen Banden waren, Alkoholprobleme oder Sex mit Prostituierten hatten.
Vergewaltiger sind nicht zwangsläufig auch sonst gewalttätig
Ein zweites Forschungsteam untersuchte die Gewaltbereitschaft der Männer. 46 Prozent gaben zu, die Ehefrau oder Partnerin schon einmal geschlagen oder getreten zu haben. In Bougainville waren es sogar 80 Prozent. Dabei stellten die Forscher fest, dass sexuell gewalttätige Männer nicht automatisch auch sonst körperliche Gewalt anwenden, also Vergewaltigungen nicht unbedingt Teil des gleichen Verhaltensmusters sind.
Zur Erforschung von Vergewaltigungen gab es bisher kaum direkte Befragungen von Männern. Vielmehr wurde meist auf Polizei- und Justizdokumente zurückgegriffen oder es wurden Frauen befragt.
Zur Bewertung der Studie sagte deren Hauptautorin Rachel Jewkes vom südafrikanischen Rat für medizinsiche Forschung: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Präventionsstrategien einen größeren Fokus auf strukturelle und soziale Risikofaktoren für Vergewaltigungen legen müssen.“ Es bedürfe langfristiger Strategien, um kulturelle Bräuche, Männlichkeitsideale und Geschlechterhierarchien aufzubrechen.
Laut der Studie muss die Präventionsarbeit möglichst früh ansetzen, denn 58 Prozent der Vergewaltiger einer fremden Frau hätten dies erstmals bereits als Teenager gemacht.
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