UN-Mission auf Golan-Höhen: Österreich geht, Sicherheitsrat tagt
Österreich zieht seine Blauhelm-Soldaten vom Golan ab. Die Lage ist nach Ansicht der Regierung in Wien zu gefährlich. Der UN-Sicherheitsrat kommt am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.
NEW YORK/WIEN dpa | Mit der dramatischen Situation auf den Golan-Höhen zwischen Syrien und Israel will sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Freitag auf einer Sondersitzung befassen. Die britische UN-Mission, die in diesem Monat die Präsidentschaft des mächtigsten UN-Gremiums innehat, berief am Donnerstagabend (Ortszeit) die Sitzung für den nächsten Nachmittag (21 Uhr deutscher Zeit) in New York ein.
Konkrete Themen wurden nicht genannt. Zuvor waren aber zwei Blauhelmsoldaten der Undof genannten UN-Mission auf den Golan-Höhen verletzt worden. Österreich hatte daraufhin den Abzug seiner Soldaten angekündigt. Das sogenannte AusBatt stellt 317 der 900 Undof-Soldaten und ist das einzige, das seit Aufstellung der Mission 1974 dabei ist.
Die Lage sei für die Friedenssicherer zu gefährlich, begründete die Regierung in Wien ihren Entschluss. Die ersten Blauhelme sollten bereits am 11. Juni abgezogen werden, sagte Verteidigungsminister Gerhard Klug. In den vergangenen Monaten hatten bereits Japan und Kroatien ihre Soldaten abgezogen. Gegenwärtig stellen noch Indien und die Philippinen Truppen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bedauerte die Entscheidung Österreichs. Ban sorge sich um die möglichen Konsequenzen des Rückzugs, sowohl auf den Friedenseinsatz als auch auf die Stabilität in der Region, sagte UN-Sprecher Martin Nesirky am Donnerstag in New York. „Österreich war offensichtlich ein entscheidender Teil der Mission. Der Rückzug wird ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigen.“
Ablauf des Abzugs noch offen
Auch Israel reagierte mit Bedauern. „Wir wissen den langjährigen Beitrag Österreichs und seine Verpflichtung zum Schutz des Friedens in Nahost zu schätzen. Gleichzeitig bedauern wir diese Entscheidung und hoffen, dass sie nicht zu einer weiteren Eskalation in der Region führen wird“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem.
Österreichs Außenminister Michael Spindelegger habe Ban am Donnerstagmorgen informiert, sagte UN-Sprecher Nesirky. Über den zeitlichen Ablauf des Rückzugs und mögliche Ersatztruppen werde momentan noch gesprochen. Nach Informationen der Tageszeitung Die Presse sollen die österreichischen Blauhelme in spätestens vier Wochen wieder daheim sein. Wien hatte bereits nach Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen Syrien Ende Mai mit einem Rückzug seiner Soldaten gedroht.
Syrische Aufständische und Soldaten des Regimes von Präsident Baschar al-Assad hatten am Donnerstag um den einzigen Grenzübergang auf dem Golan auf der syrischen Seite bei der Stadt Kunaitra gekämpft. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Regierungstruppen hätten die Aufständischen zurückgeschlagen. Israel beschwerte sich offiziell bei der UN-Truppe über das Eindringen syrischer Panzer in die Sicherheitszone, wie der Nachrichtenagentur dpa aus militärischen Kreisen bestätigt wurde.
Israel hatte die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 von Syrien erobert und später annektiert. Beide Länder befinden sich offiziell im Kriegszustand. Ein Jahr nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 wurde die Einrichtung einer Pufferzone unter UN-Kontrolle vereinbart. Dort dürfen sich eigentlich nur UN-Beobachtertruppen aufhalten. Allerdings wird das sowohl von Rebellen als auch durch das Regime oft ignoriert. UN-Soldaten wurden von regierungsfeindlichen Milizen sogar entführt.
Ärger um Friedenskonferenz
Auch bei den Vorbereitungen zur im Juli geplanten internationalen Friedenskonferenz gibt es neuen Ärger. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf den USA in dem Zusammenhang eine „schwere Verdrehung der Tatsachen“ vor. „Die USA behaupten, dass das Ziel der Friedenskonferenz die Schaffung einer Übergangsregierung ist. Das ist nicht wahr“, sagte Lawrow bei einem Treffen mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) im russischen Ostseebad Pionerski. Russland bestehe auf einer Teilnahme des Iran an der geplanten Konferenz in Genf - trotz der Ablehnung aus Washington, betonte er.
Im Syrienkrieg sind seit März 2011 laut UN mindestens 80.000 Menschen getötet worden. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen verwies erneut auf die „humanitäre Katastrophe“ und forderte mehr internationale Hilfe für die Zivilbevölkerung. Die EU-Kommission kündigte zusätzliche 400 Millionen Euro für Flüchtlinge an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen