UN-Gipfel Kopenhagen: Darf man einen Klimagipfel sprengen?
Der Protestplan steht. Doch noch ist unklar, mit welchem Ziel die AktivistInnen nach Kopenhagen fahren. Die Szene ist sich uneins, ob sie überhaupt ein Abkommen will oder nicht.
BERLIN taz | Sollte der Klimagipfel in Kopenhagen tatsächlich so mau ausfallen wie aktuell befürchtet, brächte ein Scheitern zumindest ein Gutes mit sich: Ein Zerwürfnis der KlimaaktivistInnen untereinander bliebe wahrscheinlich aus.
Fünf Wochen vor Beginn der UN-Weltklimakonferenz, die vom 7. bis zum 18. Dezember in der dänischen Hauptstadt stattfinden soll, mobilisieren die sozialen Bewegungen bundes- und europaweit auf Hochtouren. Doch programmatisch sind sich die AktivistInnen keineswegs einig. Den Gipfel so massiv stören, dass er verhindert wird, wie es der radikalere Teil fordert? Oder auf die Verhandlungsvertreter so viel Druck ausüben, damit es doch noch zu Fortschritten im Klimaschutz kommt? Darauf setzen vor allem die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen.
"Wir gehen fest davon aus, dass in Kopenhagen nichts Sinnvolles herauskommen wird", argumentiert etwa Christine Eichberger von der Gruppe Fels (Für eine linke Strömung) und Mitorganisatorin des "Klima! Bewegungsnetzwerk", ein bundesweiter Zusammenschluss vor allem radikalerer und antikapitalistischer linker Gruppen. Es gebe leider noch immer zu viele Organisationen, die in Kopenhagen "auf die Kraft der Lobbypolitik" setzen, so Eichberger. Das Problem sei nur, dass im Zentrum der EU- und der USA-Politik auch weiterhin der Emissionshandel stehe. Und der folge nach der für Märkte typischen Logik. "Nicht der Klimaschutz selbst ist der Anreiz, sondern die Möglichkeit, Geld mit dem Klimaschutz machen zu können", so Eichberger.
Sie glaubt nicht, dass die reichen Industrieländer auf diesem Wege den armen Ländern das dringend benötigte Geld und technische Know-how zur Verfügung stellen werden, um den weltweiten Klimawandel zu stoppen. "Ein grüner Kapitalismus ist nur von jenen erreichbar, die ihn sich leisten können", resümiert die Aktivistin.
Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch widerspricht ihr ganz vehement. Nur in der UN hätten die besonders betroffenen Staaten, die ärmsten Entwicklungsländer und die kleinen Inselstaaten, überhaupt eine Stimme. "Sollte der Kopenhagen-Prozess scheitern, droht der menschengemachte Klimawandel aus dem Ruder zu laufen." Bals wirft den radikalen Gruppen vor, das Zeitargument vollkommen zu ignorieren und "Protest auf dem Rücken derer zu betreiben, die am meisten zu verlieren haben".
Wie sich dieser programmatische Streit auf die Protestwoche während des Gipfels in Kopenhagen konkret auswirken wird, ist noch offen. Chris Methmann vom Attac-Koordinierungskreis rechnet damit, dass zu der Großdemonstration am 12. Dezember auf jeden Fall alle Strömungen gemeinsam mobilisieren werden. So viel Einigkeit gebe es dann schon.
In groben Zügen steht der Protestfahrplan. So soll es am 13. eine Blockade des Kopenhagener Hafens geben und am 16. Dezember Aktionen des zivilen Ungehorsams, bei denen die Aktivisten das Konferenzgelände stürmen wollen. So wie Attac rufen die meisten anderen Nichtregierungsorganisationen offiziell jedoch nicht zu den Blockaden auf - wohl aber zum zeitgleichen Gegengipfel. Methmann rechnet damit, dass die Frage sich jedoch von selbst klären wird. Sollte es bis dahin auf dem offiziellen Gipfel zu keinen Ergebnissen gekommen sein, werde die Unzufriedenheit so groß sein, dass alle an den Blockaden teilnehmen werden.
Wie groß die Proteste in Kopenhagen überhaupt sein werden, kann er selbst aktuell nicht so recht einschätzen. In der Protestszene sei insgesamt eine "gewisse Reserviertheit" zu verspüren, seit selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr mit einer Einigung auf ein verbindliches Abkommen rechnet. Hinzu komme, dass der Protestelan auch in Kopenhagen nachgelassen habe.
"Gerade weil der Gipfel auf der Kippe steht, könnte er viele mobilisieren", ist sich hingegen Germanwatch-Vertreter Bals sicher. Er gibt den Gipfel im Übrigen auch noch nicht ganz verloren. "Es ist durchaus noch möglich, ein gesetzlich verbindliches Abkommen zu bekommen", so Bals - "auch wenn man nicht mehr alle Details davon zu Ende verhandeln kann".
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