UN-Generalversammlung in New York: Mal wieder ein Gipfel für die Armen
Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs wollen ihre Milleniumsziele für die Armutsbekämpfung doch noch erreichen. Aber die NGOs sind zu Recht skeptisch.
GENF taz | Auf zahlreichen Gipfeltreffen von UNO,Weltbank, G 8/G 20 und anderen Institutionen wurden seit Ende des Kalten Krieges Aktionsprogramme zur Bekämpfung von Armut, Hunger, tödlichen Krankheiten oder Bildungsmangel beschlossen und konkrete Finanzzusagen gemacht. Wären diese Versprechen eingehalten worden, wären die Probleme heute wahrscheinlich weitgehend überwunden. Doch die zugesagten Gelder wurden zu einem großen Teil nicht ausgezahlt.
Daher ist die Umsetzung der im Jahre 2000 auf einem UNO-Gipfel verbindlich vereinbarten Millenniumsziele zur Verringerung der globalen Armut bis zum Jahr 2015 immer unwahrscheinlicher. Das wird in dem Zwischenbericht "10 Jahre Millenniumsziele" sehr deutlich, den UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon im Juni vorlegte.
Auf einem weiteren dreitägigen Gipfel von mehr als 100 Staats-und Regierungschefs am Rande der UNO-Generalversammlung in New York wollen ab heute insbesondere die Vertreter der reichen Industriestaaten dennoch ihre "Entschlossenheit demonstrieren", die Millenniumsziele zu erreichen. Den Auftakt macht am Montagmorgen die Weltbank. Sie will 750 Millionen US-Dollar für das vierte Millenniumsziel bereitstellen, wonach spätestens ab 2015 alle sechsjährigen Kinder eine vierjährige Grundschulerziehung erhalten.
Ohne konkrete Zusagen sind Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zum Millenniumsziele-Gipfel der UNO gereist. Die Entwicklungspolitik brauche nicht unbedingt mehr Geld, sondern sie müsse "ergebnisorientierter" werden, erklärten Merkels Mitarbeiter. Dabei ist den Experten klar, wie sich zusätzliche Mittel beschaffen ließen. 60 Staaten werden eine internationale Steuer auf Devisentransaktionen einführen, die 30 Milliarden Euro jährlich zur Armutsbekämpfung erbringen könnte. Auch Beamte aus Niebels Ministerium haben daran mitgearbeitet. Niebel allerdings findet solche Ideen unliberal.
Am Nachmittag folgte EU-Kommissionschef José Barroso mit der Zusage von einer Milliarde Dollar vorrangig für das erste und wichtigste Millenniumsziel, den Anteil der Menschen an der Weltbevölkerung, die Hunger leiden oder in extremer Armut leben, bis 2015 im Vergleich zu 1990 auf die Hälfte zu reduzieren. Als "extrem arm" galt bei Verabschiedung der Millenniumsziele vor zehn Jahren, wer weniger als einen US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat. Nach einer von der Weltbank vorgenommenen Kaufkraftanpassung wurde dieser Betrag im Jahr 2007 auf 1,25 US-Dollar angehoben.
In den ersten fünf Jahren nach Verabschiedung der Millenniumsziele war nicht nur der Anteil der Hungernden an der steigenden Weltbevölkerung zurückgegangen. Auch ihre absolute Zahl sank erstmals auf unter eine Milliarde. Seit 2009 stieg die Zahl aber wieder an. Diese Entwicklung ist zum Teil bedingt durch die weltweite Wirtschafts-und Finanzkrise. Die leichte Senkung der Zahl der extrem armen Menschen auf derzeit 1,4 Milliarden reicht nicht aus, um bis 2015 das angestrebte Ziel der Halbierung ihres Anteils an der Weltbevölkerung zu erreichen.
Für Dienstag erhofft das UNO-Generalsekretariat möglichst hohe Finanzzusagen der Regierungen für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Millenniumsziel sechs sieht vor, dass die Ausbreitung dieser Krankheiten bis spätestens 2015 gestoppt wird. Bis Jahresende sollten alle HIV-Infizierten rechtzeitigen Zugang zu bezahlbaren Medikamenten erhalten. Dieses Zwischenziel wurde klar verfehlt.
Oxfam und andere beim Gipfel vertretene Nichtregierungsorganisationen sind aufgrund vergangener Erfahrungen sehr skeptisch, dass es sich bei den auf diesem Gipfel in Aussicht gestellten Summen tatsächlich um frisches Geld handelt und nicht um schon einmal auf früheren Gipfeln versprochene Summen. Sie verweisen insbesondere auf den G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles im Jahre 2005 oder auf den Aidsgipfel der UNO von 2001. Die Gelder, die die reichen Industriestaaten auf diesen beiden Gipfeln verbindlich zugesagt hatten, sind bis heute nicht einmal zur Hälfte ausbezahlt worden.
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