UN-Bericht zur Gaza-Flotille: Äußerst brutaler Angriff
Eine Untersuchung der UN wirft Israel beim Angriff auf die Gaza-Flotille Ende Mai einen unglaublichen Grad an Gewalt vor. Israel selbst lehnt den Bericht als "parteiisch" ab.
GENF afp | Israel hat nach Einschätzung von UN-Experten bei der Erstürmung einer Hilfsflotte für den Gazastreifen Ende Mai schwere Verstöße gegen die Menschenrechte begangen. Eine Kommission des UN-Menschenrechtsrats kam in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Untersuchungsbericht zu dem Schluss, dass die israelische Marine bei dem Einsatz mit "nicht hinnehmbarer Brutalität" vorgegangen sei. Israel wies den Bericht als "einseitig" zurück.
Die Untersuchungskommission warf Israel in ihrem Bericht schwere Verstöße gegen die Menschenrechte vor. Die Erstürmung der Flotte sei nicht nur "unverhältnismäßig" gewesen, sondern zeuge auch von einem "völlig unnötigen und unglaublichen Grad von Gewalt". Es gebe "klare Beweise", die Anklagen möglich machten. Die Ermittler nannten in ihrem Bericht unter anderem die Vorwürfe der vorsätzlichen Tötung und der Folter, auf die sich Anklagen gegen Israel stützen könnten.
Die UN-Experten forderten Israel zur Zusammenarbeit auf. "Die Urheber der schlimmsten Verbrechen waren maskiert und können ohne die Hilfe der israelischen Behörden nicht identifiziert werden", hieß es in dem Bericht, der am Montag im Menschenrechtsrat offiziell vorgestellt werden soll. Um die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können, müsse Israel Kooperationswillen zeigen.
Bei der Erstürmung der Flotte, die Hilfsgüter in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen bringen sollte, waren am 31. Mai im Mittelmeer neun türkische Aktivisten getötet worden. Israel erklärte, die Soldaten seien von den Aktivisten mit Knüppeln und Messern angegriffen worden und hätten dann zur Selbstverteidigung geschossen. Laut den UN-Experten glichen die Todesumstände von "mindestens sechs" der Opfer einer "willkürlichen Hinrichtung".
Der UN-Menschenrechtsrat hatte Anfang Juni eine Resolution verabschiedet, mit der die internationale Untersuchungskommission ins Leben gerufen wurde. Israel lehnt dieses Gremium aber als parteiisch ab und unterstützt lediglich eine von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eingeleitete Untersuchung.
Der Bericht sei "ebenso voreingenommen und einseitig, wie das Gremium, das ihn erstellt hat", erklärte das israelische Außenministerium am späten Mittwochabend. Die Geschehnisse des 31. Mai würden weiter von einem israelischen Gremium geprüft, dem zwei internationale Beobachter angehören. Alle weiteren Untersuchungen seien "überflüssig und unproduktiv".
Das Expertenteam des UN-Menschenrechtsrats wurde von Karl Hudson-Phillips, einem ehemaligen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, angeführt. Er wurde unterstützt von dem früheren Chefankläger des Kriegsverbrechertribunals für Sierra Leone, Desmond de Silva, und der malaysischen Menschenrechtsexpertin Mary Shanthi Dairiam.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße